Drehort Brügge
Drehort Brügge © Andrea David

Brügge sehen… und schwärmen!

Als ich den Film zum ersten Mal schaute, war ich ob der skurrilen Mischung aus lustigen und tragischen Szenen recht irritiert. Erst beim zweiten Ansehen von „Brügge sehen… und sterben?” hat es mich gepackt. Was für eine spannende Filmkulisse. Ich musste nach Brügge. Und das möglichst bald!

Im Mai war ich also - dank eines Gangsterfilmes! - zum ersten Mal in meinem Leben in Belgien. Was für eine Schande, davor hatte ich es sogar schon nach Japan, Chile und Indien geschafft. Dabei kommt das Städtchen Brügge in Flandern in der dunklen Story nicht unbedingt als Traumreiseziel zur Geltung, dient es doch im Film als Kulisse für Drogenhandel, Diebstahl und Mord. Doch die gezeigten Ecken, Gassen und Gebäude sehen eben so gar nicht nach Studio aus und die mittelalterliche Kulisse wirkt mal unheimlich, mal beruhigend, aber immer faszinierend.

Brügge © Andrea David

Im Film bezeichnet Ken (Brendan Gleeson) seinen Gangsterkollegen Ray (Colin Farrell) als „den mit Abstand schlechtesten Touristen auf der ganzen Welt”, da dieser sich anfangs überhaupt nicht für Brügge begeistern kann (Zitat Ray: „Vielleicht ist das die Hölle, in Brügge zu sein bis in alle Ewigkeit!”). Ken dagegen ist von der Geschichtsträchtigkeit der Stadt ganz angetan und möchte sie näher erkunden. So wird der Film bei näherem Hinsehen zu einer interessanten Führung zu Brügges Sehenswürdigkeiten, auf deren Spuren ich mich nun auch in Realität begebe.

Belfort, Brügge © Andrea David

Auf dem Marktplatz, Grote Markt, blicke ich auf den 83 Meter hohen Belfort, der auch im Film eine Rolle spielt, doch verrate ich besser mal nicht zu viel. Die Glockentürme, auch als Belfriede bezeichnet, sind für flämische Städte typisch und gelten als Symbol bürgerlicher Unabhängigkeit. 366 Stufen geht es die Wendeltreppe hoch, bevor ich mit einem herrlichen Blick über das hübsche Brügge belohnt werde.

Im Belfort, Brügge © Andrea David
Blick vom Belfort auf den Marktplatz, Brügge © Andrea David

Gleich um die Ecke befindet sich die Heiligblutbasilika, die eine der heiligsten Reliquien ganz Europas beherbergt. In einem silbernen Tabernakel wird die heilige Phiole aufbewahrt, die im Jahr 1150 von einem Kreuzzug aus Jerusalem mitgebracht wurde und ein paar Tropfen Blut von Jesu enthalten soll. Nur einmal im Jahr, am Himmelfahrtstag, verlässt die Reliquie die Basilika und wird während der Heiligblutprozession durch die Straße getragen. Wie es der Zufall will, fällt diese über 700 Jahre alte Tradition in meine Zeit in Brügge und ich kann diese - zugegebenermaßen nicht ganz alleine - sogar live miterleben!

Rathaus und Heiligblutbasilika, Brügge © Andrea David
Heiligblutprozession an Christi Himmelfahrt, Brügge © Andrea David

In „Brügge sehen… und sterben?” wurde übrigens nicht in der Heiligblutbasilika, sondern stattdessen in der Jerusalemkirche im Osten der Stadt gedreht. Diese wurde im 15 Jahrhundert als Abbild der Grabeskirche in Jerusalem umgestaltet und lohnt definitiv ebenso einen Besuch. Eine erste Pause gönne ich mir am Jan Van Eyckplein, wo auch Ken und Ray sich etwas von ihrem Gangsterleben ausruhen. Jan van Eyck ist der wohl berühmteste flämische Maler, dessen Gemälde „Die Arnolfini-Hochzeit” zu meinen Lieblingskunstwerken gehört und auch im Vorspann der Serie „Desperate Housewives” zu sehen ist.

Jerusalemkirche, Brügge © Andrea David
Jan Van Eyckplein, Brügge © Andrea David

Im Film spielen viele Brügger und sogar der Bürgermeister mit. Nicht schlecht staune ich aber, als ich bei meinem Stadtrundgang sogar den haarigen Komparsen, der auch einen Sekundenauftritt im Film hat, sichte. Er liegt sogar an derselben Stelle wie im Film und hält seine Schnauze in die frische Luft am Kanal. Der Hund heißt Fidéle und gehört quasi selbst schon zu den Touristenattraktionen der Stadt. Auch von den Bootsfahrern wird er als Filmstar bezeichnet.

Fidéle am Kanal, Brügge © Andrea David

Von Fidéles Plätzchen am Steenhouwersdijk habe ich es nicht weit zur Groene Rei, wo Ray seine Brügger Freundin Chloë (Clémence Poésy) küsst. Vorbei am Fischmarkt geht es weiter über das Kopfsteinpflaster zum Rozenhoedkaai, auf dem Ken im Film gemütlich durch die Stadt schippert. Mein Blick geht Richtung Belfort und trifft auch das Relais Bourgondisch Cruyce, in dem Ken und Ray sich einquartiert haben. Es ist eine meiner Lieblingsperspektiven auf diese Stadt.

Groene Rei, Brügge © Andrea David
Rozenhoedkaai, Brügge © Andrea David

Mein nächster Stopp ist das Groeninge Museum, Brügges erste Adresse für Bildende Kunst mit Gemälden von Jan van Eyck, Rogier van der Weyden und Hans Memling. Wer möchte, kann sich hier bestens in die Kunstgeschichte Flanderns vertiefen. Ken und Ray beschäftigt hier vor allem das Werk von Hieronymus Bosch. Etwas weiter die Straße runter erreiche ich das Gruuthuse, von dessen Innenhof aus man auf die Liebfrauenkirche blickt. In ihr befindet sich übrigens Michelangelos Madonna, auf deren Rettung ich kurz zuvor im Film „Monuments Men” gestoßen bin.

Den Abschluss meiner Tour bildet der Minnewaterpark im Süden der Stadt. Der Wasserturm übernimmt im Film die Rolle des Stadttores. Den früheren Binnenhafen umgibt die Legende von Minna und ihrem Geliebten Stromberg. Von Tulpen umgeben, lässt sich hier wunderbar ausruhen und tagträumen. Ein weiteres romantisches Fleckchen in einem ohnehin durch und durch romantischen Ort.

Wasserturm im Minnewaterpark, Brügge © Andrea David

Seit ich in Brügge war, ist „Brügge sehen… und sterben?” nun mein etwas eigenwilliges aber auch einzigartiges Andenken an meine Reise nach Flandern. Doch warum bloß kann Ray nicht für diese Stadt schwärmen? Da gibt es nur eine Erklärung: Er ist der schlechteste Tourist der Welt!

 

Movie Map: Brügge sehen… und sterben?

Filmtrailer:

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Anreisetipp:
Mit der Bahn ist es am bequemsten, ab Brüssel ist man in einer Stunde in Brügge. Ein Auto braucht man zur Stadterkundung nicht, da die Hauptsehenswürdigkeiten innerhalb der Stadtmauern liegen und der Verkehr im Zentrum ohnehin stark eingeschränkt ist. Vom Bahnhof zum Zentrum nimmt man am besten den Bus. Wer nicht so viel laufen möchte, nimmt einfach an einer der vielen Bootstouren teil.

Bootstour Brügge © Andrea David

Unterkunfttipps:
Relais Bourgondisch Cruyce
Guesthouse Number 11

Guesthouse Number 11, Brügge © Andrea David