Der amerikanische Freund

Bereits zum dritten Mal feiert Hamburg bei der Aktion „Eine Stadt sieht einen Film“ einen ganzen Tag lang einen seiner bedeutendsten Filmklassiker. Mit „Der amerikanische Freund“ hat man in diesem Jahr Wim Wenders‘ Hamburg-Paris-Thriller ausgewählt, der auf Patricia Highsmiths Roman „Ripley’s Game“ basiert. Am 3. Juni 2018 wird der Film, der im letzten Jahr bereits sein 40. Jubiläum feierte, nun in fünfzehn Hamburger Arthouse- und Programmkinos zu sehen sein. Die Aufführungen werden von Filmgesprächen mit Wim Wenders, Hafenfilmen und Lesungen sowie einer Drehorttour durch St. Pauli begleitet.

„Der amerikanische Freund“, mit Dennis Hopper und Bruno Ganz in den Hauptrollen, ist zweifellos ein Stück deutsche Kinogeschichte und machte das St. Pauli der 1970er Jahre weltberühmt. Daher habe ich mich im Vorfeld schon einmal an einigen Hamburger Schauplätzen des Films umgesehen:

 

Spurensuche am Fischmarkt

In der Geschichte trifft der zwielichtige Amerikaner Tom Ripley (Dennis Hopper) auf den todkranken Rahmenmacher Jonathan Zimmermann (Bruno Ganz), den er mit einer hohen Geldsumme zu zwei Auftragsmorden überredet. Am St. Pauli Fischmarkt befinden sich Zimmermanns Wohnung und Geschäft, deren Gebäude auch heute noch stehen. Trotzdem ist die Gegend kaum wiederzuerkennen: Die breite, gepflasterte Straße, über die Zimmermann mit seinem Sohn in „Der amerikanische Freund“ läuft, ist einer vielbefahrenen, mehrspurigen Asphaltstraße gewichen. Der Hauseingang zu Familie Zimmermanns Wohnung befindet sich am St. Pauli Fischmarkt Nummer 4.

Filmszene am St. Pauli Fischmarkt, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Drehort am St. Pauli Fischmarkt, Hamburg © Andrea David
Filmszene am St. Pauli Fischmarkt, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung

Gleich um die Ecke, in der Lange Straße 22, steht das Haus, in dem Zimmermann seinen Rahmenladen betreibt. Die Stichstraße Richtung Pinnasberg, in der Ripley im Film seinen Wagen parkt und Zimmermann später Richtung Elbe rennt, ist komplett verschwunden, stattdessen blicke ich hier auf eine Tiefgarageneinfahrt und einen Fußweg zum grünen Hinterhof mit Spielplatz.

Filmszene, Nähe Lange Straße, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene, Nähe Lange Straße, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene, Nähe Lange Straße, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung

Anstelle des Rahmengeschäfts in „Der amerikanische Freund“ befindet sich hier heute ein Schmuckladen. Als die Betreiberin Judith Lotter die Räume bezog, dauerte es nicht lange bis sie von mehreren Nachbarn auf deren besondere filmische Bedeutung hingewiesen wurde: „Ich habe sofort bemerkt, wie stolz die Leute darauf sind.“

Filmszene in der Lange Straße, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene in der Lange Straße, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Schmuckladen in der Lange Straße, Hamburg © Andrea David

 

Weitere Drehorte: Alter Elbtunnel und Strandperle

Der Weg zu seinem Arzt führt Zimmermann mehrmals durch den Alten Elbtunnel, der als Verbindungsweg zwischen den Landungsbrücken und Steinwerder dient. Auch heute noch kann man den denkmalgeschützten Tunnel als Fußgänger oder Radfahrer rund um die Uhr kostenlos durchqueren. Eine der beiden Röhren wird derzeit saniert. Die Rolltreppen, die im Film zu sehen sind, gibt es heute allerdings nicht mehr. Wer nicht die Treppen benutzen möchte, kann alternativ auch mit dem Fahrstuhl hinunterfahren.

Filmszene im Alten Elbtunnel, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene im Alten Elbtunnel, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene im Alten Elbtunnel, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung

So alleine wie Zimmermann in „Der amerikanische Freund“ ist man hier jedenfalls selten. Der Tunnel gehört mittlerweile zu Hamburgs beliebtesten Touristenattraktionen.

Filmszene im Alten Elbtunnel, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung

Bei Hamburgern und Touristen gleichermaßen beliebt ist auch die Strandperle in Övelgönne, die als weiterer Filmdrehort diente. Den Namen trägt das Lokal schon seit 1973 und schon zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts befand sich hier die Altonaer Milchhalle, in der man in langen Badekleidern einen Becher Milch genoss. Während ich heute mit einem Drink in der Hand und den Füßen im Sand auf die vorbeifahrenden Containerriesen blicke, gestaltete sich Zimmermanns Besuch der Strandperle weitaus weniger entspannt: Am Kiosk erhält er von dem Franzosen Minot (Gérard Blain) seinen zweiten Mordauftrag…

Filmszene an der Strandperle, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung
Filmszene an der Strandperle, Hamburg © Andrea David / Wim Wenders Stiftung

Nur ein kleiner Aufstieg über den Schulberg zur Elbchaussee trennt die Strandperle von einem weiteren, etwas versteckten Filmmotiv, einer alten Villa.

Villa an der Elbchaussee, Hamburg © Andrea David

In „Der amerikanische Freund“ ist sie das Zuhause von Tom Ripley, der hier mit Cowboyhut melancholisch auf die Elbe blickt. Im Film fragt er einmal: „Was ist verkehrt an einem Cowboy in Hamburg?“

Nun gar nichts, meine ich. Und am Ende meiner Tour wird mir klar: Mit dem Film „Der amerikanische Freund“ hat Wim Wenders nicht nur ein spannendes Kultwerk geschaffen, sondern ebenso ein wichtiges Zeitdokument Hamburgs, in dem sowohl das damalige Aussehen als auch die Atmosphäre der einzelnen Drehorte konserviert bleibt.

 

Weitere Informationen: Eine Stadt sieht einen Film

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