Alster, Elbe, Fischmarkt, St. Pauli. Hamburg hat für Touristen vieles zu bieten und selbst ich, als Südlicht, fühle mich hier im Norden mittlerweile heimisch. Ich reise zwar ganz gerne mal für Filmschauplätze um die halbe Welt, doch das ist natürlich nicht immer nötig. Da ich in Hamburg wohne, kommt hier mein filmischer Blick auf die Hansestadt!
Doch wo eigentlich anfangen? Wer sich näher mit der Hamburger Filmgeschichte beschäftigt, schaut schnell mal auf hunderte Filme und natürlich noch mehr Drehorte auf der Liste. Am besten beginne ich also einfach vor meiner Haustüre in Eimsbüttel, wo ich an einer Filmlocation sehr häufig vorbeikomme, sie zu Anfang jedoch gar nicht erkannt habe: Das Schulgebäude am Kaiser-Friedrich-Ufer, kurz Kaifu, ist tatsächlich das Baden-Badener Mommsen-Gymnasium aus dem ersten Film der „Die Lümmel von der ersten Bank“-Reihe „Zur Hölle mit den Paukern“, in dem Pepe Nietnagel (Hansi Kraus) & Co. die Lehrer und Rektor Taft (Theo Lingen) in den Wahnsinn trieben.
Wirklich direkt vor meiner Haustüre wurde übrigens auch schon gedreht. Die Szenen, die eigentlich in Rostock spielen, habe ich dann später im „Polizeiruf 110“ im Fernsehen gesehen.
Die Reeperbahn und der Hafen gehören zweifellos zu den beliebtesten Filmmotiven der Stadt. Serien wie das „Großstadtrevier„, in der Jan Fedder nach großen Haien und kleinen Fischen ermittelt, sind hier seit bald 30 Jahren zuhause. Reales Vorbild für die fiktive Polizeiwache ist die Davidwache an der Ecke Spielbudenplatz / Davidstraße. Als Filmdrehort diente diese jedoch auch schon: für „Nur eine Nacht”, „Polizeirevier Davidswache” und „Fluchtweg St. Pauli – Großalarm für die Davidswache”.
Seit 2007 ist die „Notruf Hafenkante“ im ZDF im Einsatz. Das PK 21 ist in Wirklichkeit das Revier der Wasserschutzpolizei an der Kehrwiederspitze 1 in der Hafen City. Mit TV-Verbrechen quer durch Hamburg sehen sich in neuerer Zeit natürlich auch Til Schweiger und Fahri Yardim im „Tatort“ sowie Bjarne Mädel als „Tatortreiniger“ Schotty konfrontiert.
Weltweite Präsenz auf der Kinoleinwand bekam Hamburg 1997 im James-Bond-Film „Der Morgen stirbt nie“ mit Pierce Brosnan. Dieser kletterte auf der Flucht vor Stamper (Götz Otto) von seiner Suite im Hotel Atlantic Kempinski auf das Hoteldach, wo er sicher einen schönen Blick über die Alster hatte.
Prominentester Bewohner des Atlantic Hotels ist seit vielen Jahren Udo Lindenberg, der vor selbigem der kleinen Tilda (Emma Schweiger) und ihrem an Alzheimer erkrankten Großvater Amandus (Dieter Hallervorden) im Film „Honig im Kopf“ zuwinkt. In der Lobby des Hotels trafen sich Rachel McAdams und Willem Dafoe im Spionagefilm „A Most Wanted Man„.
Wie 007 von dort allerdings seinen Wagen in ein Schaufenster in der Mönckebergstraße, der Hamburger Einkaufsstraße nahe dem Rathaus, fernsteuern konnte, bleibt das Geheimnis filmischer Geografie. Das Schaufenster, damals für den Film als Avis Autovermietung umdekoriert, gehörte jedenfalls in Wahrheit zu Galeria Kaufhof.
Weitere Drehorte des Films, in dem Philip Seymour Hoffman einen seiner letzten Auftritte hat, sind die Bar 20up im 20. Stockwerk des Empire Riverside Hotels, die Kultkneipen „Zur Ritze“ und „Zum Silbersack“ in St. Pauli, der Hamburger Hafen und das Brahms Kontor am Johannes-Brahms-Platz in der Hamburger Neustadt. Das Kontorhaus ist zwar nicht öffentlich zugänglich, die Räume kann man jedoch für Veranstaltungen anmieten.
In Hamburg drehten natürlich schon viele weitere Hollywood-Bekanntheiten. So kam zum Beispiel Keira Knightley als Fußballerin Jules in „Kick it like Beckham“ zu einem Auswärtsspiel an die Elbe. Zu sehen sind im Film unter anderem der Rathausmarkt vom Alsterfleet aus oder der Hochbunker am Heiligengeistfeld. Im Film übernachtet die Mannschaft im Hotel Steigenberger in der Altstadt, wo auch die Schauspieler während des Drehs untergebracht waren.
Tilda Swinton ist als Vampir Eve in „Only Lovers Left Alive“ in Hamburg zu sehen, Kim Basinger arbeitet als erfolgreiche Geschäftsfrau an der Seite von Sebastian Schipper in „Um jeden Preis“ im Altonaer Dockland und „Game of Thrones„-Star Peter Dinklage fährt bei Rosalie Thomass im „Taxi“ mit.
Dass Hamburg regelmäßig auf der großen Leinwand zu sehen ist, ist auch der Verdienst von Regisseur Fatih Akin, gerne als „Goldjunge von Altona“ bezeichnet. Mit „Gegen die Wand“ holte er den Goldenen Bären sowie den Deutschen und Europäischen Filmpreis. Sibel (Sibel Kekilli) besucht alleine den Hamburger Dom, das Volksfest der Stadt. Die „Fabrik“, in der Cahit (Birol Ünel) in Ottensen arbeitet, gibt es wirklich und auch das Konzert, auf dem er mit blutigen Händen tanzt, fand genau so statt. Nur die Musiker waren in den Dreh eingeweiht.
Fast alle Filme Akins haben einen Hamburg-Bezug und sogar in seiner jüngsten Produktion „The Cut“, die inhaltlich überhaupt nichts mit der Stadt zu tun hat, baute er trickreich ein schwimmendes Wahrzeichen Hamburgs als Filmkulisse ein: das Museumsschiff Rickmer Rickmers an den Landungsbrücken. Die Post Production versetzte es nach Kuba…
Wer sich auf die Suche nach Fatih Akins „Soul Kitchen“ macht, wird südlich der Elbe in Wilhelmsburg am Veringkanal fündig, genauer in der Industriestraße 101. Diente die Lagerhalle ein paar Jahre nach den Dreharbeiten noch unter dem Namen „Soulkitche Halle“ als Musikbar, blickt sie aufgrund erheblicher Statikprobleme und Brandschutzmängel derzeit in eine recht ungewisse Zukunft.
Im Film soll das Restaurant von Betreiber Zinos (Adam Bousdoukos) abgerissen und das Grundstück teuer vermarktet werden. Bleibt zu hoffen, dass die Location auch in Realität vor diesem Schicksal verschont und der Kulturszene erhalten bleibt.
Das multikulturelle Schanzenviertel, von den Hamburgern selbst liebevoll „die Schanze“ genannt, bekommt in „Kebab Connection“ mit Denis Moschitto und Nora Tschirner einen Auftritt als Schauplatz. Die fiktive Dönerbude des Filmes wurde allerdings an der Reeperbahn aufgebaut und viele Drehorte für die Schanze, wie sie früher war, fand man schließlich im benachbarten Altona.
Die von mir geliebte Susannenstraße durfte sich im Film jedoch selbst spielen. Hier und am quer verlaufenden „Schulterblatt“ kann man sich übrigens abends herrlich von einer Bar zur anderen treiben lassen.
„Absolute Giganten“ (1999) von Regisseur Sebastian Schipper („Victoria„) ist nicht nur ein wunderbarer Hamburg-Kultfilm sondern mittlerweile auch eine Art historische Aufnahme des Stadtbildes. Das backsteinerne Lagerhaus am Hafen, der Kaispeicher A, auf den Floyd (Frank Giering) vor seinem Aufbruch in die große weite Welt melancholisch blickt – und um den schon 1944 Hans Albers im Klassiker „Große Freiheit Nr. 7“ fuhr – ist heute das Fundament der Elbphilharmonie!
Die Wiese selbst, auf der sich die Freunde von der erlebnisreichen Nacht erholen, befindet sich gleich nebenan des Theaters am Hafen, seit 2001 Spielstätte von „Der König der Löwen“, dem erfolgreichsten Musical Deutschlands. Der Alte Elbtunnel (auch Drehort für „Der amerikanische Freund„), durch dessen Autofahrstuhl die Jungs vor den Elvis-Stuntmännern fliehen, und die Köhlbrandbrücke, über die sie frühmorgens mit dem frisierten Ford Granada fahren, haben sich dagegen kaum verändert.
Sogar das wechselhafte Hamburger Wetter bekam in der Schlussszene seinen Auftritt, als bei der Kamerafahrt nach oben plötzlich ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken drangen.
Doch Hamburg durfte natürlich hin und wieder auch für andere Städte als Kulisse dienen. Besonders überzeugend für London in zahlreichen Edgar-Wallace-Filmen, wie z.B. „Die toten Augen von London“ und „Die seltsame Gräfin“. In „Der Fälscher von London“ ist das Wasserschloss in der Speicherstadt zu sehen.
Es gehört zu den beliebtesten nächtlichen Fotomotiven in Hamburg und ist Drehort im US-Thriller „Target“ mit Matt Dillon und Gene Hackman sowie Hauptquartier in der beliebten Kinder- und Jugendserie „Die Pfefferkörner“. Im Wasserschloss kann man prima essen gehen oder im Teeladen nebenan nach einem Mitbringsel stöbern.
Da fallen mir noch etliche weitere Hamburger Drehorte ein: Der Hauptbahnhof, durch den Johanna Wokalek „Barfuss“ läuft, die Universität, zu sehen in Sönke Wortmanns „Der Campus“, das Kongresszentrum CCH, das in „Schtonk“ zum Verlagshaus der HHpress wird, der Elbstrand in „Honig im Kopf“ und immer wieder der Hafen, an dem die „Bandits“ mit Katja Riemann, Jasmin Tabatabai und Nicolette Krebitz ihr Abschlusskonzert geben, und der auch in „Millionenraub“ mit Warren Beatty über die Leinwände flimmerte.
Und trotzdem ist der filmische Blick auf Hamburg damit natürlich noch längst nicht vollständig. Ich werde jedenfalls auch künftig die Augen in der Stadt offen halten und bin gespannt, welche Geschichten hier künftig ihr Zuhause finden.
Welcher ist Dein liebster Hamburg-Film? Schreib es mir gerne in die Kommentare unter diesem Artikel.
Linktipps:
Brahms Kontor
Hamburger Dom
Fabrik Hamburg
Museumsschiff Rickmer Rickmers
Alter Elbtunnel
Wasserschloss Speicherstadt
Hoteltipps:
Hotel Atlantic Kempinski
Empire Riverside Hotel
Hotel Steigenberger Altstadt
Tourtipps:
Best-of-Drehorte-Tour
Krimistadt Hamburg
Pfefferkörner-Tour
Tatort-Tour Hamburg
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Bücher mit weiteren Infos über die Hamburger Filme & Drehorte:
Offenlegung: Dieser Beitrag wurde von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein unterstützt.