„Wir bringen Bond zurück in die Alpen, zurück in den Schnee – nach Sölden in Österreich“, verkündete 007-Regisseur Sam Mendez Ende 2014 in den Pinewood Studios in London vor versammelter Weltpresse.
Ich habe das 24. James-Bond-Abenteuer „Spectre“ mal genauer unter die Drehortlupe genommen und mich in und um Sölden auf die Spuren des Filmes begeben:
Wer schon einmal die detaillierte Drehortliste eines Bondfilmes studiert hat, der weiß: Es ist kompliziert. Da geht James Bond gerne mal in Hamburg in ein Hotel hinein und kommt in London wieder raus, ein Gebäude in Cornwall wird ungeniert mit isländischer Landschaft kombiniert, Thailand schlüpft ganz in die Rolle Vietnams oder das spanische Cadiz wird zu Kuba.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Sölden wird in „Spectre“ selbst nicht erwähnt und auch sonst gibt es keine Hinweise, zu welchem Zeitpunkt der Geschichte 007 (Daniel Craig) gerade hier seine Spur zum bisher unsichtbaren Oberbösewicht aufnimmt. Die im Film einzig genaue geografische Angabe in Österreich ist Altaussee, was einen Ortsunkundigen leicht annehmen lässt, dass alle winterlichen Aufnahmen dort in der Nähe gedreht wurden. Doch Sölden ist 350 km entfernt…
Woran erkennt man also den Drehort Sölden? Und was zog das weltweit so begehrte 007-Produktionsteam gerade in den Skiort in den Ötztaler Alpen? Die Antwort auf beide Fragen liefert die ursprüngliche Vorgabe an die Location Managerin Emma Pill: „Ein modernes Gebäude in den Alpen.“
Nach diesem hatte Pill im Internet recherchiert und stieß dabei auf ein Gipfelrestaurant im Eiswürfel-Design. Das ice Q in 3.048 Metern Höhe kam in die engere Auswahl. In „Spectre“ durfte es dann schließlich in die Rolle der Hoffler Klinik, in der Daniel Craig alias Bond zum ersten Mal auf Bondgirl Dr. Madeleine Swann (Léa Seydoux) trifft, schlüpfen.
Bei meinem Besuch des ice Q auf dem Gipfel des Gaislachkogls bleibt mein Blick erst einmal an dem traumhaften Alpenpanorama kleben. So entschuldigt sich auch Psychologin Swann beim Patienten Bond: „Der Ausblick könnte etwas ablenken.“
Anders als im Film gibt es im 2013 eröffneten Gourmetrestaurant eine exzellente Auswahl an Getränken und Speisen. Und vom Verdauungsenzym-Shake, den Q (Ben Wishaw) im Film dem davon wenig begeisterten Doppelnull-Agenten bestellt, bleibt man hier Gott sei Dank ganz verschont.
Mit einem kalten Wodka Martini in der Hand, geschüttelt nicht gerührt versteht sich, und den Augen an den weißen Bergen klebend, fühle ich mich tatsächlich wie in einer einzig großen Winter-Filmkulisse.
Da stört es auch nicht, dass das stilvolle Glasgebäude in Wahrheit kleiner ist als im Film und der breite Klinikeingang nur ein temporärer Kulissenbau war.
Leicht erreichbar ist das ice Q mit der Gaislachkoglbahn. In „Spectre“ sieht man Ben „Q“ Whishaw in eine der Kabinen der 3-S-Bahn einsteigen und am Laptop anhand Bonds neuestem Input recherchieren.
Im Film erscheint auch die Mittelstation, an der es Q gelingt seine Verfolger im Getümmel der Skifahrer abzuschütteln. Eine schwarze Gondel mit „Spectre“-Schriftzug erinnert hier noch an den Dreh.
Bei strahlendem Sonnenschein fahre ich die kurvige Gletscherstraße hoch zum Rettenbachferner, als mir klar wird, dass ich mich bereits mitten in einem weiteren James-Bond-Drehort befinde. Denn hier jagt Bond dem furchteinflößenden Bösewicht-Handlanger Mr. Hinx (Dave Batista) hinterher. 45 Range Rover und zwei Britten-Norman Islander Flugzeuge waren dafür im Einsatz.
Die Ötztaler Gletscherstraße, die höchstgelegene Straße der Alpen, ist normalerweise wegen Lawinengefahr im Winter gesperrt und wurde eigens für die Dreharbeiten geöffnet.
Oben angekommen treffe ich auf viele gut gelaunte Skifahrer, die sich zur Bergbahn bewegen. Doch bevor auch ich mich auf den Weg dorthin mache, drehe ich noch eine kleine Runde zum Eingang des Gletschertunnels, der ebenfalls in der actionreichen Verfolgungsszene zu sehen ist.
Der 1,8 Kilometer lange Rosi-Mittermaier-Tunnel, Europas höchster Straßentunnel, wurde ebenfalls nur für die Filmemacher im Januar 2015 geöffnet. Im Sommer gelangt man über den Tunnel vom Rettenbachferner zur Talstation der Tiefenbachbahn.
Bond rauscht in „Spectre“ nicht auf Brettern, sondern einem für Skipisten eher ungewöhnlichen Fortbewegungsmittel die verschneiten Berge hinunter. Und während Bondmime Daniel Craig aus versicherungspolitischen Gründen in Sölden auf das Skifahren verzichten musste, war Ehefrau und Schauspielkollegin Rachel Weisz fast täglich auf der Piste anzutreffen.
Doch vielleicht hat der Hauptdarsteller es sich dafür in seiner freien Zeit im Sky Spa des Hotel Bergland gut gehen lassen? Dort waren er und die restliche Filmcrew während der Drehtage untergebracht.
Internationale Filmstars während stressiger Dreharbeiten für sich zu gewinnen, gilt unter Hoteliers weltweit als große Herausforderung. Neben Ausstattung und Service zählt da vor allem die Diskretion seines Personals. So halten sich die Mitarbeiter des Hotel Bergland bis heute sehr bedeckt, wenn man nach den persönlichen Vorlieben der Stars fragt. Das Einzige was ich dort herausfinden konnte: „Daniel Craig ist ein echter Gentleman.“ und „Alle waren absolute Mustergäste.“
Es ist jedoch kein Geheimnis, dass Daniel Craig mit seiner Frau in der 212 Quadratmeter großen Gipfel-Suite nächtigte. Diese wird nun nach und nach in eine James-Bond-Suite umgewandelt.
Dass es der Filmcrew im Hotel Bergland sehr gut gefallen hat, kann man dem Gästebuch vor der Gipfel-Suite entnehmen. „What a beautiful place! I had such a peaceful time. I forgot I was working“, kommentierte beispielsweise Ben Whishaw.
Und Executive Producer Callum McDougall attestierte: „This is the coolest Hotel and so ‚Bond‘.“
Im Drehortgeschäft zählt ein Bondfilm nach wie vor als Ritterschlag und etliche Orte auf der Welt profitieren noch Jahre oder Jahrzehnte später von ihrer 007-Rolle. Wer einmal dem James Bond Felsen in Thailand einen Besuch abgestattet hat, weiß wovon ich spreche.
Und so dürfte sich nun auch Sölden in den bondigen „Walk of Fame“ einreihen. Oder wie Jakob Falkner, der Chef der Söldner Bergbahnen, es deutlich ausdrückt: „Bond bleibt!“
Linktipp: Restaurant ice Q Gaislachkogl
Hotel, in dem die 007-Crew nächtigte: Hotel Bergland
DVD & Blu-ray: The James Bond Collection (alle 24 Filme)
Verwandte Artikel:
007 Elements – Das James Bond Erlebnis in den Bergen
Die Drehorte von Spectre
James Bond Drehorte
Berühmte Filmautos
Mit diesen 9 Filmen Österreichs Drehorte entdecken
Offenlegung: Diese Recherchereise wurde von Ötztal Tourismus ermöglicht.