Drehorte Kleo
© Netflix

Auf den Spuren von „Kleo“

 

Ost-Berlin, 1987. Kleo Straub (Jella Haase) ist eine angesehene Agentin der Staatssicherheit, dessen Spezialgebiet das Beseitigen von feindlichen Agenten ist. Trotz ihres hohen Ansehens wird sie plötzlich verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Ohne den Grund dafür zu erfahren, wird die Todesstrafe über sie verhängt, bis zu dessen Vollstreckung sie in Einzelhaft verbleibt. Nach mehreren, peinigenden Jahren in Haft kommt alles anders. Mit dem plötzlichen Fall der Berliner Mauer werden alle Inhaftierten in die Freiheit entlassen. Von nun an hat Kleo nur noch zwei Ziele: Die Strippenzieher ihrer Verhaftung finden und sich rächen!

Im Jahr 2022 startete die Serie „Kleo“ auf Netflix und gewehrt den Zuschauern in zwei Staffeln einen schrägen und sehr ironischen Einblick auf den Mauerfall und dessen Folgen. In einer rein fiktiven Handlung schlägt sich Kleo durch die Nachwendezeit, mit Gewalt, aber auch lockeren Sprüchen.

Gefilmt wurde die Serie an verschiedenen Drehorten in Berlin, Brandenburg und teilweise auch in Serbien oder auf Mallorca. Höchste Zeit einen detaillierten Blick auf die Schauplätze dieses mutigen, deutschen Serienprojekts zu werfen:

Zum Beginn der Serie begleiten wir Kleo bei der Einreise nach West-Berlin. Dort soll sie einen amerikanischen Agenten in der Diskothek „Big Eden“ beseitigen, wobei sie versehentlich vom Berliner Polizisten Sven Petzold (Dimitrij Schaad) beobachtet wird. Den gezeigten Berliner Grenzübergang errichtete man im Metropolitan Backlot des Studio Babelsberg, dass auch immer wieder für die Straßenzüge Ost-Berlins genutzt wurde. Die Aufnahmen des „Big Eden“ entstanden am Kurfürstendamm 202 und damit genau an dem Ort, an dem das „Big Eden“ bis 2006 tatsächlich stand.

Zurück in der DDR wird Kleo direkt vor ihrem VEB Kombinat verhaftet. Gedreht wurde diese Szene an einem Garagenkomplex in der Georg-Knorr-Straße in Berlin-Marzahn. Die Aufnahmen zu ihrem Gefängnisaufenthalt entstanden im ehemaligen Frauengefängnis in der Lehrter Straße 16, Berlin Moabit.

 

Kleo Drehorte

 

Nach quälenden Monaten in Haft passiert das Unglaubliche: Die Berliner Mauer fällt! Kleo ist nun wieder frei, kann es aber nicht genießen. Bei einem Spaziergang durch das ehemalige Ost-Berlin, nun voll mit Videotheken und Erotik-Shops, wird sie von den Veränderungen überwältigt.

Sie besucht ihre alte Wohnung, die mittlerweile von einem jungen Techno-Fan namens Thilo bewohnt wird. Die Aufnahmen vom Treppenhaus und der Wohnung entstanden im Schloss Marquardt, nördlich von Potsdam. Dieses kennt man bereits aus diversen Filmproduktionen, wie zum Beispiel „Bridge of Spies“ oder „Spencer“.

 

Kleo Drehorte

 

Auf der Suche nach einem Unterschlupf sucht Kleo ihren Großvater auf, der ein hoher Offizier der DDR war und der sie damals für die Staatssicherheit rekrutierte. In seinem Haus besprechen die beiden die Vergangenheit und erste Antworten kommen ans Licht. Wer das kleine, graue Häuschen in der Realität sucht, findet es in der Donarstraße 4 in Potsdam-Babelsberg.

Spaziert man diese Straße entlang, so sticht einem das Haus direkt ins Auge. Gefühlt hat sich an diesem Gebäude seit den 80er Jahren nichts mehr verändert. Der Putz an den Wänden, die Außenbeleuchtung oder auch die Dachziegel, alles Relikte aus einer vergangenen Zeit und damit der passende Drehort für ein Szenenbild der Nachwendezeit.

 

Kleo Drehorte

Kleo Drehorte

 

Entdeckt wurde dieser und viele andere Drehorte von zwei Kolleginnen, mit denen ich mich in Babelsberg verabredet habe. Location Managerin Michaela Haupt („Der Vorleser“, „Dark“, „Monuments Men“) und Szenenbildnerin Isabel von Forster („Honig im Kopf“, „Traumfabrik“, „Maxton Hall“) bilden ein perfekt eingespieltes Team, dass bereits in etlichen Produktionen zusammengearbeitet hat. Beide erwarten mich mit einem frisch gebrühten Kaffee in einer gemütlichen Sitzecke. Ich lobe das Motiv „Kleos Wohnhaus“ und wir kommen direkt ins Plaudern:

„Eine tolle und dankbare Location! Wirklich wie gemacht für diese Serie“, erzählt Isabel von Forster. „Die Eigentümer nutzen das Haus nur sehr selten, dass verschaffte uns viele Freiheiten. Wir konnten es von innen wie außen nutzen und noch viel besser: Wir durften es komplett umgestalten! Jede Tapete, jedes Möbelstück, jede Lampe stammte von uns.“

Gab es keine Einwände oder Einschränkungen seitens der Regie?

„Überhaupt gar nicht! Ein sehr großer Luxus in diesem Geschäft und zeitgleich ein Beweis dafür, wir sehr man uns vertraut. Hanno Hackfort, der Drehbuchautor und Showrunner, ließ uns vollkommen freie Hand bei der Motivgestaltung. Manchmal habe ich sogar Ideen im Autorenteam platziert, welche Szenenbilder wir gerne einmal gestalten würden. Hin und wieder hat es funktioniert“, freut sich Isabel von Forster.

Während sich Kleo im Haus ihres Großvaters einquartiert, kommt in West-Berlin ein Stein ins Rollen. Ermittler Sven Petzold nimmt den Mordfall aus dem „Big Eden“ erneut auf und möchte wieder dafür ermitteln. Sein Chef sieht darin keinen Sinn. Die Aufnahmen zur Polizeistation West-Berlin entstanden am Mikrobiologische Institut in der Krahmerstraße 1, Berlin.

 

Kleo Drehorte

 

Auf der Suche nach Antworten besucht Kleo auch ihren Ex-Freund Andi, der bereits mit einer neuen Verlobten eine Wohnung teilt.

Die Außenaufnahmen zum Wohnkomplex entstanden in der Berliner Marchlewskistraße 25, am Hochhaus an den Weberwiesen. Kleo überwältigt Andi an der Unterführung zur Gubener Straße und bedroht ihn mit einem Revolver.

 

Kleo Drehorte

 

Im Anschluss besucht Kleo die Berliner Stasi-Zentrale, dessen Außenaufnahmen an der Gedenkstätte der Staatssicherheit in der Ruschestraße gedreht wurden. Diesen geschichtsträchtigen Ort, an dem bis heute tausende Stasi-Akten lagern, kennen Filmfans bereits aus „Das Leben der Anderen“.

Für die Innenaufnahmen verlegte man die Dreharbeiten nach Eisenhüttenstadt, genauer in das Atrium des dortigen Rathauses. Hier befindet sich ein gewaltiges, sozialistisches Wandmosaik aus DDR-Zeiten, welches die perfekte Wahl für dieses Szenenbild war. Ebenfalls in Eisenhüttenstadt nutze man das Städtische Krankenhaus in der Friedrich-Engels-Straße 39 als Drehort. Hier besucht Kleo niemand geringeren als Erich Mielke und hinterlässt dort eine klare Botschaft.

Über Umwege kommt eine wichtige Information ans Tageslicht: Der Aufenthaltsort von Kleos Mutter. Die Aufnahmen des kurzen Besuches entstanden in Spandau-Staaken, genauer gesagt am Weißenstadter Ring 47.

 

Kleo Drehorte

 

Zum Ende der ersten Staffel beschafft sich Kleo einen roten Koffer, gefüllt mit Staatsgeheimnissen der DDR, den sie heimlich aus einer Schweizer Bank entwendet.

Die Aufnahmen dazu entstanden am Robert-Koch-Platz 7 in Berlin.

 

Kleo Drehorte

 

Zum Beginn der zweiten Staffel wird bekannt, dass auch die Amerikaner Interesse an diesen Unterlagen haben.

Am Haupteingang des Berliner Olympiastadions kommt es zu einem tödlichen Vorfall, den Kleo sich genauer ansieht und dabei mit einer Agentin der CIA zusammenstößt.

 

Kleo Drehorte

Kleo Drehorte

 

Tage später trifft Kleo bei einem Spaziergang auf ihre ehemalige Arbeitskollegin Jutta, die merkwürdigerweise sehr gut über die damalige Verhaftung informiert ist. Die Aufnahmen zu dem Treffen entstanden in Potsdam am Ufer der Neustädter Havelbucht.

Nur zwanzig Meter weiter befindet sich eine weitere Location: Das Restaurant Seerose. Der 1982 gebaute Uferpavillon mit dem auffällig geschwungenen Dach stellt in der Serie das Cafe Sputnik dar, in dem sich Kleo mit ihrem ehemaligen Ausbilder Rossbach auf einen Waldmeister-Wackelpudding trifft.

 

Kleo Drehorte

 

Als Kleo herausfindet, dass Jutta einen toten Briefkasten am Ernst-Thälmann-Park betreibt, lauert sie ihr in einer schmuddeligen Kneipe auf und stellt sie zur Rede. Die Aufnahmen zur Stasi-Spielunke Stübchen entstanden in der Tiergartenquelle im Berliner S-Bahnbogen 482.

Auch Polizist Sven Petzold ist der Verschwörung weiter auf der Spur. An einem ehemaligen Grenzübergang trifft er einen HVA-Beamten, der ihm verrät, wo die Akten der Staatssicherheit versteckt sind. Die Aufnahmen zum Grenzübergang entstanden auf dem Gelände der HWR Berlin in der Alt-Friedrichsfelde 60. Hier befindet sich, inmitten von Bürogebäuden, ein altes Pförtnerhaus, das mit gelben und brauen Mosaiksteinen verziert ist. Diese Location ist versteckt auf dem Gelände einer Hochschule.

 

Kleo Drehorte

 

Ich frage Location Managerin Michaela Haupt, wie man auf solche Orte stößt. Sie sagt dazu: „Über verschiedene Wege. Egal wohin es einen beruflich oder privat verschlägt, man hält immer die Augen offen und gewisse Dinge merkt man sich einfach, um sie dann Monate später abzurufen. Was die Motivsuche angeht, schläft der Geist einfach nie“.

Isabel von Forster ergänzt: „Ich persönlich stöbere viel bei Google Earth. Die Luftbilder sind mittlerweile so detailliert und zum großen Teil ja auch in 3D, dass man viele Gebäude oder Landschaftsstrukturen super einsehen kann. Auf diesem Wege bin ich vor Jahren auf die Funkstation in Nauen aufmerksam geworden, die wir in „Kleo“ dann ja erstmalig verwendet haben. An dieser Stelle müssen wir aber auch zwingend unseren Kollegen Jan Lewis erwähnen, der ein toller Location Scout ist und uns hier stark unterstützt hat.“

In der ersten Staffel beleuchtet eine Episode Kleos Vergangenheit: ihre Kindheit mit den streitenden Eltern, ihre Jugend mit der ersten großen Liebe und auch ihr Erwachsenwerden unter dem DDR-Regime. Diese emotionale Vorgeschichte wird uns aber nicht in Rückblenden, sondern in einer theaterartigen Darstellung präsentiert. Das dort gezeigt, lichtdurchflutete Atrium ist die Großfunkstelle Nauen, etwa acht Kilometer außerhalb des Ortskernes. Das 1906 errichtete Gebäude ist die älteste aktive Sendeanlage der Welt und ein einmaliges Baudenkmal. Bereits 2022 entdeckte auch Hollywood den Gebäudekomplex für sich und drehte hier diverse Szenen für das „Die Tribute von Panem“-Prequel „The Ballad of Songbirds & Snakes“.

 

Kleo Drehorte

Kleo Drehorte

 

Sven verschlägt es in das KGB-Hauptquartier in Karlshorst, an dessen Außenmauer er auf Kleo trifft. Die Aufnahmen zur militärischen Zentrale entstanden in der Universität Potsdam auf dem Campus am Griebnitzsee.

Vor dem Haupteingang errichtete man für die Dreharbeiten einen Schlagbaum, das Atrium dekorierte man mit sowjetischen Bannern, die Kleo später zur Flucht verhelfen.

 

Kleo Drehorte

Kleo Drehorte

Kleo Drehorte

 

Um eine wichtige Information aus den Akten zu verfolgen, reist Kleo nach Belgrad und taucht dort vorübergehend im Hotel Genex unter. Die Außenaufnahmen entstanden tatsächlich in Belgrad, genauer vor dem 115m hohem Genex-Turm im Zentrum der Stadt. Hier wurden auch die Kampfszenen auf dem Hoteldach gefilmt. Für die Innenaufnahmen nutzte man ein Gebäude der Trabrennbahn Marienfelde und errichtete darin die Hotel-Lobby bzw. Bar.

Kleos Rachefeldzug bleibt nicht ohne Folgen. Ihr ehemaliger Stasi-Kollege Uwe, der immer noch streng im Sinne der DDR handelt, wird auf ihren blutigen Pfad aufmerksam und verfolgt nun ein Ziel: Kleos Tod. Nach einem Treffen im Cafe International, gedreht in der Lobby des Kino International in der Karl-Marx-Allee, sucht Kleo das geheime Versteck von Uwe auf, um diesen zu beseitigen. Die Aufnahmen dazu entstanden auf dem Gelände des Heizkraftwerks Klingenberg, in Berlin-Rummelsburg.

„Als wir das Kraftwerk Klingenberg zum ersten Mal besichtigt haben, hätten wir nicht gedacht, dass wir dort später einmal so viele Motive finden werden,“ erzählt Michaela Haupt. „Neben Uwes Versteck und den Türmen der Sniper-Sequenz haben wir dort auch sämtliche Aufnahmen zum alten Heizkraftwerk und auch die Innenaufnahmen zum Raketenturm gedreht. Das Gelände ist unglaublich facettenreich und bietet, obwohl dort noch aktiv gearbeitet wird, viel Platz und Ruhe für Filmarbeiten.“

Nach einer Schießerei in seinem Versteck flieht Uwe zu Margot Honecker und lässt sich vorerst in ihrem Haus nieder. Der weiße Würfelbau befindet sich in der Lückhoffstraße 17 in Berlin-Zehlendorf. Als ich in diesem ruhigen Villenviertel stehe und auf das anscheinend leerstehende Haus blicke, frage ich mich, warum gerade dieses Haus für die Dreharbeiten ausgesucht wurde.

 

Kleo Drehorte

 

Isabel von Forster erzählt dazu: „Bei diesem Motiv habe ich mich an alten Fotos orientiert, also am originalen Wohnhaus der Honeckers. Das sah tatsächlich ganz ähnlich aus, fast der gleiche Baustil. Ich hätte mir nur einen etwas größeren Abstand zu den Nachbarhäusern gewünscht, damit es mehr nach einer Waldsiedlung aussieht. Der große Vorteil war hier, dass das Haus unbewohnt war und wir im Inneren vielseitig Arbeiten konnten. Zum Beispiel befindet sich hier auch Kleos Schlafzimmer.“

 

Kleo Drehorte

 

Ist es schwer solche Leerstands-Drehorte zu finden?

„Uns brechen im Berliner Umland leider immer mehr leerstehende Gebäude weg und das wird zunehmend ein Problem.“ ergänzt Michaela Haupt. „Durch den akuten Wohnraummangel wird immer mehr saniert oder neu bebaut. Es ist wundervoll, dass diese Gebäude gerettet und wieder genutzt werden, aber doch sehr schade, dass diese tollen Film- und Fotomotive verschwinden. In Krampnitz entsteht ein neuer Stadtteil, Rüdersdorf ist mittlerweile zu gefährlich und in den Beelitzer Heilstätten entstehen nun Wohnungen. Obwohl wir für „Kleo“ ja tatsächlich noch ein letztes Mal dort gedreht haben.“

In der zweiten Staffel verschlägt es Kleo nach Moskau. Unterschlupf findet sie bei ihrer Freundin Natascha, die dort in einer Altbauwohnung lebt. Die Aufnahmen zu dieser Wohnung entstanden in einem Gebäude der Beelitzer Heilstätten. Später erpresst Kleo einen russischen Agenten in der Herrensauna, diese Aufnahmen entstanden im dortigen Badesaal.

Für das Szenenbild des Moskauer Flughafens diente der Haupteingang des Berliner Messegeländes, in der Masurenallee, als Drehort.

 

Kleo Drehorte

 

Zum Abschluss stelle ich noch eine noch eine letzte Frage an meine beiden Interview-Partnerinnen: Sollten wir Kleo in einer dritten Staffel wiedersehen, in welcher Location würdet ihr dann gerne einmal drehen?

„Das kann ich direkt beantworten!“, ergreift Isabel von Forster das Wort. „Im ICC in Berlin, ganz klar! Ein großartiges Gebäude, dass so viele Möglichkeiten bietet. Wir hatten es für die zweite Kleo-Staffel bereits ins Auge gefasst, aber mussten die Idee leider fallen lassen.“

Was sprach dagegen?

„Das Problem beim ICC ist, dass es erst einmal gangbar gemacht werden muss. In vielen Bereichen des Gebäudes gibt z.B. keinen Strom mehr. Dieser Aufwand ist für eine Serie wie „Kleo“ zu kostenintensiv. Eine US-Produktion könnte das finanziell vielleicht schaffen, aber wir nicht. Leider!“