Rudolfinum, Prag © Andrea David

Filmstadt Prag – Von Mozart, Agenten & US-Botschaften

Prag ist ein cineastisches Chamäleon. Mal zeigt sich die Stadt als das alte Wien, Paris oder London, häufig tritt sie als Moskau in Erscheinung, für einzelne Filmszenen verkörperte sie jedoch auch schon Miami, Zürich, Venedig oder düstere fiktive Schauplätze. Und das, obwohl kaum eine andere Stadt über so viele markante Bauwerke aus beinahe jeder Epoche der letzten tausend Jahre verfügen dürfte. Manchmal schlüpft Prag jedoch auch in seine eigene Rolle, wie in „Mission Impossible„, „Kolya“ oder „xXx – Triple X“. Um den wilden Mix der Drehorte etwas zu entwirren, nehme ich die Stadt mal genauer unter die filmische Lupe.

Filmstadt Prag © Andrea David

Was haben Tom Cruise, Matt Damon und Daniel Craig gemeinsam? Genau, sie alle jagten schon als Filmagenten durch die Straßen von Prag. Der erste Teil von „Mission Impossible“ wurde an zahlreichen Schauplätzen der Altstadt gedreht, wie dem Altstädter Ring, dem zentralen Marktplatz der Stadt. Dort befand sich im Film das Aquarium-Restaurant, aus dem sich Tom Cruise alias Ethan Hunt dank eines explosiven Kaugummis rettet. Das Restaurant selbst war leider nur Studiokulisse, der Platz ist dennoch sehenswert. Dort befinden sich zum Beispiel das Altstädter Rathaus mit der astronomischen Uhr und die imposante Teynkirche, in der auch schon für „xXx – Triple X“ gedreht wurde. Filmfans finden gleich um die Ecke auch den Eingang zu Madame Tussauds, an dem man von einem wächsern dreinblickenden Bruce Willis begrüßt wird.

Teynkirche, Altstädter Ring, Prag © Andrea David
Madame Tussauds, Prag © Andrea David

Zu den bedeutenden Drehorten von „Mission Impossible“ gehört natürlich auch die Karlsbrücke, von der Jon Voight als IMF-Leiter Jim Phelps in die Moldau stürzt. Die Treppe, die Hunt kurz davor hinaufstürmt, ist die Verbindung zwischen Karlsbrücke und der Kampa-Halbinsel, auf der auch das Auto der Agenten explodiert. Die Karlsbrücke wurde auch schon in zahlreichen anderen Filmen in Szene gesetzt, wie erneut „xXx – Triple X“ mit Samuel L. Jackson, der Jack-the-Ripper-Thriller „From Hell“ mit Johnny Depp oder die Comicverfilmung „Hellboy“ mit Ron Perlman. Ist die Brücke nicht gerade für Dreharbeiten gesperrt, wimmelt es hier nur so von Menschen, ich vermute egal zu welcher Tageszeit.

„Mission Impossible“ Treppe, Prag © Andrea David
Karlsbrücke, Prag © Andrea David

Für den Dreh des vierten Teils der Mission-Impossible-Reihe „Phantom Protokoll“ kehrte man zurück nach Prag, die Story spielte diesmal allerdings in Moskau. So diente beispielsweise der zweite Hof der Prager Burg als Außenkulisse für den Moskauer Kreml. Doch die Filmgeografie wird hier noch verwirrender: Das Matthiastor an der Vorderfront der Burg ist im Film „Shanghai Knights“ als Eingang zum Buckingham Palast zu sehen und der angrenzende Hradschin-Platz wurde für Bille Augusts „Les Misérables“ in Paris umgewandelt.

Zweiter Hof, Prager Burg, Prag © Andrea David
Matthiastor, Prager Burg, Prag © Andrea David

In vielen Städten sind die Straßen zu den Amerikanischen Botschaften gesperrt, auch in Prag wird vom Motorrad bis zum Linienbus jedes Fahrzeug, das passieren möchte, von Sicherheitsbeamten geprüft. Fotoaufnahmen des Gebäudes sind natürlich strengstens untersagt und so verwundert es nicht, dass der Originalschauplatz nie in Filmen auftritt, sondern stets andere Gebäude in dessen Rolle schlüpfen. Im Film „xXx – Triple X“ ist dies das auffällige Palais Schwarzenberg am Hradschin-Platz.

Palais Schwarzenberg, Prag © Andrea David

In „Mission Impossible“ entstanden die Außenaufnahmen für die Amerikanische Botschaft am Palais Liechtenstein auf der Kampa-Halbinsel direkt an der Moldau. Für die Innenaufnahmen nutzte man die monumentale Eingangshalle des über dem Wenzelsplatz thronenden Nationalmuseums. Dieses wird allerdings momentan vollständig renoviert und wird wohl erst 2016 wieder für Besucher geöffnet sein. Für den Film „Die Bourne Identität“ wurde man bei der Suche nach einer adäquaten US-Botschaft, in der Bourne (Matt Damon) zum ersten Mal auf Marie (Franka Potente) trifft, ebenfalls kreativ und entschied sich für das Gebäude des Luxushotels Boscolo nahe dem Platz der Republik.

Nationalmuseum, Prag © Andrea David
Hotel Boscolo, Prag © Andrea David

Natürlich gibt es in Prag noch viele weitere filmische Geheimnisse und Überraschungen. Bei der Recherche nach Drehorten stoße ich beispielsweise auf das Verkehrsministerium, dessen Außenkulisse in „James Bond – Casino Royale“ als Ausstellungsort der Körperwelten in Miami diente. Das riesige Strahov-Stadion, das mit bis zu 250.000 Sitzplätzen weltgrößte überhaupt, ist in „Blade II“ zu sehen. Es wird aktuell zwar vom Fußballclub Spartag Prag genutzt, aufgrund der teuren Instandhaltung befinden sich Teile des Stadions jedoch leider in einem schlechten Zustand. Zuvor hatte ich ehrlich gesagt, noch nie von dieser Riesenarena gehört.

Verkehrsministerium, Prag © Andrea David
Strahov-Stadion, Prag © Andrea David

Das Rudolfinum, das die Tschechische Philharmonie beheimatet, kam bereits in „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ und „Hannibal Rising“ zu Filmehren. Die St.-Nikolaus-Kirche (Kostel sv. Mikuláše) auf der Kleinseite diente im Film „Van Helsing“ als Drehort für einen Kostümball. Ein Blick in die Kirche kostet 70 Kronen Eintritt, welche sich jedoch lohnen. Die barocke Orgel der Kirche wurde 1787 von Wolfgang Amadeus Mozart gespielt.

Rudolfinum, Prag © Andrea David
St. Nikolaus-Kirche, Kleinseite, Prag © Andrea David

Apropos Mozart, für Miloš Formans Oscar-prämierten Film „Amadeus“ gab Prag 1983 eine glaubwürdige Kulisse für das Wien des 18. Jahrhunderts. Zu den Drehorten gehören die Prager Burg, der Malteserplatz und das Ständetheater, welches durch die Weltpremiere der Mozart-Oper Don Giovanni im Jahre 1787 in die Musikgeschichte eingegangen ist. Auch heute noch kann man in diesem komplett aus Holz errichteten Theater am Obstmarkt Mozarts Klängen lauschen.

Mitverantwortlich für Prags Ruf als Filmstadt sind auch die Barrandov Studios im Süden der Stadt. Hier entstanden Filme wie „Die Chroniken von Narnia“, „Alles ist erleuchtet“ und „Amadeus“. Für die Produktion von „Casino Royale“ baute man eigens eine neue Studiohalle, die sich auf insgesamt 4.000 qm erweitern lässt. Bei einem Besuch kann man vor allem den riesigen Fundus an Kostümen und Requisiten bestaunen. Weitere Infos dazu

Barrandov Studios, Prag © Andrea David
Barrandov Studios, Prag © Andrea David

Wer sich für das Thema Film interessiert, dem empfehle ich zudem, beim Special Effects Museum auf der Kleinseite direkt neben der Karlsbrücke vorbeizuschauen. Es ist dem Filmemacher Karel Zeman gewidmet und zeigt mit welchen Filmtricks man im 20. Jahrhundert bei Filmen wie „Die Reise in die Urzeit“ oder „Baron Münchhausen“ ohne Computereffekte arbeitete. Bei dem Rundgang kann man einige Tricks selbst ausprobieren und witzige Fotos schießen. Das Museum ist auch für Kinder geeignet.

Karel Zeman Museum, Prag © Andrea David

Die Drehorte in Prag lassen sich entweder auf eigene Faust erkunden, wobei die Movie Map „Lights! Camera! Prague“ sehr hilfreich ist, oder aber auf speziellen Filmtouren wie zum Beispiel die Segway Tour „Auf den Spuren Hollywoods“. Übernachtet habe ich im NH Prague City im Geschäftsviertel Andel. Auf der Dachterrasse hat man einen tollen Blick über die Stadt. Die beiden Hotelgebäude sind mit einer Seilbahn verbunden, was ich in Gedanken an das „Grand Budapest Hotel“ äußerst filmreif fand.

 

Linktipps:
Prag Movie Map
Film Special Effects Museum – Karel Zeman
Barrandov Studios

Tourtipps:
Prager Burg: 2,5-stündige Führung
Mozarts Prag – Altstadt, Kleinseite und Nationalmuseum

Hoteltipps:
NH Prague City
Hotel Boscolo