Hätte mir vor drei Jahren jemand orakelt, dass ich mir mal sieben Staffeln einer Zombie-Serie ansehen würde, wäre ich mir sicher gewesen, dass da eine Verwechslung vorliegen muss. Als jemand der sich beim vergleichsweise harmlosen „Blair Witch Project“ durchs Kino zitterte und selbst bei „Toy Story 3“ ein paar Tränchen vergoss, gehöre ich nicht unbedingt zur harten Zielgruppe einer mehr als hundert Folgen angelegten Story über eine entsetzliche Zombie-Apokalypse.
Aufgrund vieler Empfehlungen und meiner selbst auferlegten „3-Folgen-Regel“ – ich schaue immer mindestens drei Folgen, um mir ein Bild von einer Serie zu machen – hat es mich bei „The Walking Dead“ aber hoffnungslos gepackt. So sehr, dass ich schließlich sogar an den Drehorten in Georgia gelandet bin:
Meine erste Drehortsuche startet in Atlanta, der Stadt, in der Hilfssheriff Rick Grimes (Andrew Lincoln, ja genau der aus „Tatsächlich… Liebe“!) in den ersten Folgen im Krankenhaus aufwacht und sich in einer völlig veränderten Welt wiederfindet. Hier beginnt sein langer Kampf gegen die Zombies, die in der Serie allerdings „Beißer“ genannt werden, sowie gegen Menschen, die in ihrem eigenen Überlebenskampf selbst zur Bedrohung für andere werden.
Alle, die die Serie ebenfalls kennen, wissen, dass es in „The Walking Dead“ eben nicht um pausenloses Zombiegemetzel geht, sondern darum, welche schwer lösbaren zwischenmenschlichen Probleme und Herausforderungen diese Apokalypse zusätzlich mit sich bringt.
Für einen guten Überblick über die „The Walking Dead“-Drehorte in Atlanta empfehle ich die „Big Zombie Tour“ von Atlanta Movie Tours. (Update 2020: Leider wird diese Tour nicht mehr angeboten, da Atlanta Movie Tours ihr Geschäft eingestellt haben.)
Mein Tourguide Charlie ist selbst immer wieder als Komparse bei Filmdrehs dabei. In „The Walking Dead“ sammelte er Erfahrungen als Zombie und kann daher viel über lange Stunden bei der Maskenbildnerin oder den richtigen „Zombie-Gang“ berichten. Auf den Bildschirmen im Bus werden einzelne Szenen gezeigt, bevor Charlie der Gruppe die jeweiligen Schauplätze live zeigt.
Auf unserer Route liegen unter anderem das Krankenhaus, die Polizeistation, das Goat Farm Arts Center (in „Die Tribute von Panem“ als Kohlebergwerk zu sehen), die Jackson Street Bridge mit Blick auf den Freedom Parkway und natürlich das unheilvolle Terminus, bei dem es sich in Wahrheit um verlassene Fabrikgebäude an der Bahnlinie handelt. Im benachbarten Wohnviertel entstanden übrigens einige Szenen für die Netflix-Serie „Stranger Things“.
Ganz in der Nähe des Start- und Endpunkts der Bustour, wo die Nelson Street eigentlich direkt über die Bahngleise führt, befindet sich eine gesperrte Brücke. Über diese sieht man Rick in der allerersten Folge in die Stadt reiten. Im Hintergrund ist das Gebäude zu sehen, auf dem Rick & Co. Daryls aufsässigen Bruder Merle gefesselt auf dem Dach zurücklassen. Update 2020: Die Brücke wurde mittlerweile abgerissen.
Der Eingang auf der anderen Seite des Gebäudes wird häufig für Dreharbeiten genutzt, aktuell als Kulisse für eine Polizeistation. Auf den Bahngleisen unter der Brücke drehte man unter anderem auch schon für „Fast & Furious 7“ sowie „Triple 9“.
Weitere Drehorte in Downtown Atlanta besuche ich anschließend auf eigene Faust. Besonders im Bereich Fairlie, Walton und Forsyth Street entstanden viele Szenen der ersten Episoden. Zum Beispiel als Rick mit dem Pferd durch die Straßen reitet, sich dann jedoch aufgrund einer Horde Beißer in einen Panzer rettet. Auch die schmale Gasse, in der er zum ersten Mal auf seinen langen Weggefährten Glenn trifft, befindet sich hier.
Zwei Polizisten beäugen mich etwas misstrauisch, da sie befürchten, ich könnte die gerade für den neuen Marvel-Film „Infinity War“ aufgebauten Kulissenwände abfotografieren. Als ich ihnen aber meine „Walking Dead“-Bilder zeige, zaubert sich im Nu ein Lächeln auf ihr Gesicht und aus der Polizeikontrolle entwickelt sich schnell ein Fachgespräch unter Serienjunkies…
Von Atlanta aus reise ich weiter ins eine Stunde entfernte Städtchen Senoia, das – vor allem in der Main Street – zuerst in die Rolle von Woodbury schlüpfte, in den neueren Folgen jedoch auch Alexandria verkörpert.
Das „Alexandria“-Filmset, umringt von Wellblech, wie es auch in “The Walking Dead” aussieht, ist leider nicht für Besucher zugänglich, aber aus der Ferne erkennt man einige zerstörte Häuser und die Kirche, in der Serien-Pater Gabriel das Amt übernimmt. An den Eingängen sind Wachmänner postiert, die Unbefugte festnehmen, man sollte sich also auf jeden Fall an die Hinweise auf den Schildern halten.
Bei meiner Ankunft in Senoia stöbere ich zur Einstimmung in den Souvenirs des Woodbury Shoppe. Fans sollten unbedingt auch in den Keller schauen: Dort befindet sich ein kleines Walking Dead Museum, in dem einige Requisiten wie Daryls Motorrad, Pennys Käfig, die „Zombietür” des Krankenhauses sowie die Einrichtung der Gefängniszellen ausgestellt sind.
Gleich daneben befindet sich das Walking Dead Café, von wo aus ich zur „Big Zombie Tour 2” starte.
Bei der Tour werden vor allem die rund um Senoia liegenden Ortschaften mit dem Bus erkundet, darunter Drehorte wie die Scheune, in der Rick sich mit dem Governor trifft, eine verlassene Wasserturm-Fabrik in Newnan, die Michonne in der Serie als „Zombie-Arena“ des Governors entlarvt, die Apotheke, in der sich Glenn und Maggie auf Medikamentensuche begeben, oder das Städtchen Grantville, wo sich Morgans Apartment und die aus Serie und Vorspann bekannte „Away with you“-Mauer befinden.
Besonders toll finde ich: Die Tour wird von einem “echten Savior” begleitet! Skylar Felton ist Schauspieler und Rapper. In Staffel 7 sieht man ihn an der Seite von Oberfiesling Negan. Nicht nur in „The Walking Dead“ auch in anderen Produktionen bucht man ihn aufgrund seiner Statur gerne als „Bad Guy“. In Wahrheit ist er ein unheimlich großer (über 2 Meter) und unheimlich netter Kerl.
Zurück in Senoia besuche ich das „Nic & Norman’s“. Das Restaurant ist bei den „The Walking Dead“-Fans besonders beliebt, denn mit Glück kann man hier an den Drehtagen Leute vom Filmteam treffen, insbesondere natürlich Daryl-Darsteller Norman Reedus und Special-Effects-Experte Greg Nicotero, denen das Restaurant gehört. Leider treffe ich hier keinen der Schauspieler, doch draußen am Walking Dead Café glaube ich kurz Michael Cudlitz, der in der Serie den rothaarigen Army-Typen Abraham Ford spielt, zu sehen.
Wie sich herausstellt ist es „German Abraham“ Chris Twellmann, der hier als Lookalike von Cudlitz sehr gefragt ist. Chris, der zuletzt in Hannover lebte, erzählt mir wie „The Walking Dead“ und seine Karriere als Cosplayer schließlich sein ganzes Leben umkrempelte. An eine Rückkehr nach Deutschland denkt er derzeit nicht.
Bei der Walking Tour, die ich am nächsten Tag durch Senoia unternehme, führt ein „Rick“-Doppelgänger die kleine Gruppe zu weiteren Drehorten in Senoia. Dazu gehört zum Beispiel das „Pudding-Haus“, auf dessen Dach Carl in der Serie eine 5-Kilo-Dose Schokopudding verzehrt. „Rick“ hat viele Szenenfotos der vergangenen Staffeln dabei, so dass man sich gut vorstellen kann, welche Ecken hier zum Einsatz kamen, auch wenn man „The Walking Dead“ länger nicht geschaut hat.
Bevor ich Senoia wieder verlasse, fahre ich zum Abschied durch die Crook Road, auf der etliche Straßenszenen gedreht wurden. Ohne laufende Dreharbeiten fällt sie nicht weiter auf, doch ein kleines gelbes Schild mit der Aufschrift „Do not mow“ (deutsch: Nicht mähen!) am Straßenrand verrät, dass hier wohl demnächst wieder die Beißer los sind oder sich Ricks Gruppe mit anderen Hindernissen konfrontiert sieht.
Ganz in der Nähe befinden sich die Raleigh Studios, die mit den Machern der Serie unter Vertrag stehen. Es mag seltsam klingen, doch es ist wahr: „The Walking Dead“ hat der Region um Senoia einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, durch die Produktion selbst sowie den Touristen, die aufgrund der Serie hierherkommen. Da noch viele weitere Staffeln geplant sind, ist ein Ende nicht in Sicht.
Nach einem Stopp im „Grüne Tomaten“-Drehort Juliette geht es für mich schließlich weiter an die Küste Georgias nach Jekyll Island. Am surreal schönen Driftwood Beach entstanden die Szenen, in denen Tara an Land gespült wird und auf eine neue Gruppe Überlebender trifft: den Oceans. In „Oceanside“ lässt es sich herrlich stundenlang zwischen skurril geformtem Treibholz am Strand entlang spazieren. Sicher nicht der schlechteste Ort, um im Falle einer echten Apokalypse, die Hoffnung auf ein Überleben aufrecht zu erhalten…
Bitte beachten!
In Senoia bekommen derzeit nur Anwohner Zugang zum „Alexandria“-Set. Der Kreidebruch, der zu Beginn der Serie zu sehen ist, befindet sich bei Atlanta, wurde jedoch mittlerweile komplett mit Wasser gefüllt und ist nicht mehr zugänglich. „Hershels Farm“ befindet sich auf privatem Gelände, dort sind keine Touristen willkommen.
Weitere Schauplätze wie das Gefängnis, Hilltop oder Negans Sanctuary wurden auf dem Gelände der Raleigh Studios errichtet, welches nur im Rahmen einer Tour betreten werden darf. Unter den Drehorten befinden sich auch einige Lost Places, die nur im Rahmen einer Tour besucht werden dürfen.
Linktipps:
Goat Farm Arts Center
Woodbury Shoppe
Nic & Norman’s
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Offenlegung: Meine Recherchereise zu den „The Walking Dead“-Drehorten wurde teilweise von Explore Georgia unterstützt.