Treffen mit "Eberhofer"-Darsteller in Hamburg © Andrea David

Im Schnack: Sebastian Bezzel

Viele kennen ihn als Kommissar Perlmann aus dem Konstanzer „Tatort” sowie seit der Ausstrahlung von „Dampfnudelblues” als niederbayerischen Dorfpolizisten Franz Eberhofer: Schauspieler Sebastian Bezzel. Im Hamburger Stadteil Ottensen, in dem der gebürtige Garmischer seit bald 10 Jahren lebt, habe ich ihn auf ein Kaffee und ein Bier getroffen, um mit ihm über Drehorte, die Eberhofer-Filme und deren Humor, Krimiserien, Bayern und das Schönste an Hamburg zu sprechen.

 

Auf Filmtourismus.de recherchieren die Leser nach Drehorten, die sie auf dem Bildschirm oder der Kinoleinwand gesehen haben. Seit der Verfilmung der Eberhofer-Krimis sind viele auf der Suche nach dem Schauplatz Niederkaltenkirchen, den es ja so nicht wirklich gibt. Wo findet man deiner Meinung nach in Realität am meisten Niederkaltenkirchen-Atmosphäre?

Witzigerweise befinden sich ein paar Drehorte, aus denen sich Niederkaltenkirchen im Film zusammensetzt, in Oberbayern, wie zum Beispiel der Eberhofer Hof. Aber wenn ich durch die Stadt Niederkaltenkirchen fahre, ins Rathaus gehe oder beim Simmerl eine Leberkassemmel hole, dann ist das Frontenhausen im Landkreis Dingolfing, etwa 20 Minuten von Landshut entfernt.

 

Sebastian Bezzel als Franz Eberhofer im fiktiven Niederkaltenkirchen © Constantin Film Verleih

 

Viele würden auch gerne mal auf dem Eberhofer-Hof übernachten oder beim Wolfi einkehren. Ist das möglich?

Der Eberhofer Hof befindet sich in einer sehr schönen Gegend bei Aying mit einem kleinen See in der Nähe. Der Hof steht jedoch leider leer. Genauso wie Wolfis Kneipe, die man in Bergkirchen-Deutenhausen bei Dachau findet. Diese sieht man übrigens sehr oft im Fernsehen, da sie so schön altmodisch aussieht. Ursprünglich entdeckt wurde sie von der Ausstattungsassistentin für die Filmkomödie „Schwere Jungs“, bei der ich auch mitgespielt habe. Für Filmmotivsucher ist die Kneipe ein absoluter Volltreffer, aber ein Bier bekommt man dort leider nicht.

 

Der Eberhofer-Hof © Andrea David

 

Der Dreh zu den beiden Eberhofer Filmen „Winterkartoffelknödel“ und „Schweinskopf al dente“ hat dich unter anderem auch nach Teneriffa und an den Gardasee geführt. Bleibt zwischen den Drehtagen auch mal Zeit, die Gegend zu erkunden? Und kommt auch mal die eigene Familie mit?

Da das komplette Filmteam bei Auslandsdrehs im Hotel untergebracht werden muss, sind diese immer recht teuer und die Drehtage noch voller als in Deutschland. Da lohnt es sich meist nicht, dass die Familie zu Besuch kommt. Beim Dreh am Gardasee haben wir es uns kurz überlegt, aber dann doch gelassen, weil wir in kurzer Zeit sehr viele Aufnahmen machen mussten. Den Gardasee kenne ich jedoch ohnehin, da ich als gebürtiger Garmischer schon als Jugendlicher oft dort war. Auf Teneriffa blieb leider auch nicht viel Zeit. Wir haben nur einen Tag gehabt, ein Backup-Tag, an dem wir ein wenig was von der Insel sehen konnten.

 

Filmtouristen lassen sich von Filmen zu neuen Reisezielen inspirieren. Bist du schon mal wegen eines Filmes oder einer Serie, die du gesehen hast, privat an einen Ort gereist?

Nicht so eins zu eins, aber ich lasse mich schon auch von Landschaften, die ich in Filmen sehe, inspirieren. Da dachte ich schon öfter mal, dass Schottland toll wäre oder Irland oder Südtirol.

Zwar war ich mal am Strand aus „The Beach“, habe das jedoch erst vor Ort erfahren. Genauso auf der Seychellen-Insel La Digue, wo sie die Bacardi-Werbung gedreht haben. Wunderschöner Ort jedenfalls!

 

Und gibt es einen Ort, den du aus Filmen oder Serien kennst und gerne einmal live erleben würdest?

Ich war ja noch nie in den USA! Mit 46 und als Westdeutscher bin ich vermutlich der einzige. (lacht) Was mich sehr interessieren würde, wäre New York, diese Ecken im Central Park, wo schon so unglaublich viel gedreht wurde. Und die klassischen Ecken, wo die Woody-Allen-Filme gedreht wurden, finde ich spannend.

 

Central Park, New York © Andrea David

 

Beim Film „Irrational Man“ (gedreht in Rhode Island, Neuengland) habe ich mir auch gedacht, du musst unbedingt mal zum Indian Summer an die Ostküste. Und der Schauplatz von „Jenseits von Afrika“ in Ostafrika würde mich reizen.

 

Zurück zu Eberhofer. Wieviel Sebastian Bezzel steckt eigentlich im Eberhofer Franz?

Mit dem Eberhofer gibt es schon ein paar Schnittmengen, aber das ist ja in jeder Rolle so. Ich versuche generell, sehr viel mehr als früher, mich in die Rolle zu bringen und nicht nur die Rolle in mich. Klar, ich trinke auch gern Bier, kann durchaus zum Grant neigen und mag diesen bayerischen trockenen Humor sehr gerne, aber es gibt doch große Unterscheidungen. Ich würde nie so leben können wie der Eberhofer, da ich sehr gerne in einer Großstadt wohne und ich hoffe sehr, ich bin ein wenig ehrgeiziger und eitler als der Eberhofer.

 

Respekt, wie ernst du bei dem trockenen Humor als Eberhofer bleiben kannst. In welcher Szene der ersten drei Teile fiel es dir besonders schwer, nicht zu loszulachen?

Der Flötzinger mit seiner übergroßen Brille ist immer eine Herausforderung… Der Daniel Christensen sieht ja in Wirklichkeit wunderbar und die Brille ist auch für ihn eine riesige Herausforderung, da er immer halbblind spielen muss. Er trägt zwar Kontaktlinsen zum Ausgleich, aber so richtig funktioniert das auch nicht und dann passieren schon lustige Sachen. In „Winterkartoffelknödel“ musste er eigentlich nur gerade auf mich zugehen, ist dann jedoch volle Kanne auf den Transporter gelaufen. Ganz einfach, weil er kein räumliches Sehen mehr hatte. In „Schweinskopf al dente“ mussten wir zwei, drei Takes abbrechen, als der Flötzinger nur mit Handtuch um und beschlagener Brille reinkam. Da ging bei Simon Schwarz und mir gar nichts mehr. Bei den Proben oder nach den ersten Takes hast du aber das schlimmste überwunden. Wirklich anstrengend ist es in den Szenen auch nach 20 oder 30 Mal Drehen das Timing präzise einzuhalten.

 

„Bei Wolfi” in „Winterkartoffelknödel” © 2014 Constantin Film Verleih/Bernd Schuller

 

Auf was muss man sich im neuesten Film „Grießnockerlaffäre“ gefasst machen?

Für den Eberhofer geht es ans Eingemachte, weil er diesmal selbst des Mordes an seinem Vorgesetzten verdächtigt wird. Er muss diesmal genau und schnell ermitteln, um nicht im Knast zu landen. Und auf der anderen Seite gibt es eine wahnsinnig schöne Geschichte mit der Oma. Sie bekommt Besuch von einem Freund, der wohl sehr viel Bedeutung hat in ihrem Leben. Ich will nicht zu viel verraten, aber es ist eine sehr berührende Geschichte. Da wird es etwas ernster und trauriger…

 

Filmszene aus „Grießnockerlaffäre” © 2017 Constantin Film Verleih GmbH / Bernd Schuller

 

Ich komme aus Baden-Württemberg und mochte daher vor allem den Konstanzer „Tatort” sehr gerne, in dem du von 2003 bis 2016 als Kommissar Kai Perlmann zu sehen warst. Vermisst du die Rolle und den Bodensee?

Ich vermisse die Arbeit mit meiner Kollegin Eva Mattes und ich vermisse den Bodensee. Außerdem fehlen mir auch ein paar Leute vom Team. Da haben sich im Laufe der 13 Jahre Zusammenarbeit natürlich auch Freundschaften herauskristallisiert.

 

Schaust du ab und zu noch den „Tatort”? Gibt es sowas wie einen Lieblings-Tatort für dich als Zuschauer?

Einen Lieblings-Tatort würde ich jetzt nicht sagen, aber ich mag den Wiener Tatort und finde auch den Tukur-Tatort (Wiesbaden) jedes Mal abgefahren und sehenswert. München find ich gut und der Franken-Tatort gefällt mir, da das Team wieder etwas mehr Mundart macht. Manchmal finde ich aber auch das ganz Düstere und Schwere des Dortmunder Tatorts oder des Rostocker Polizeirufs toll.

 

Schaust du auch andere Serien?

Ich finde „Nachtschicht“ super, bin wirklich ein großer Armin-Rohde-Fan. Aber ansonsten schaue ich sehr wenige Serien, auch kein Netflix & Co. Ich habe zwar mal zwei Staffeln „House of Cards“ gesehen und fand es großartig, doch das ist mir dann doch zu anstrengend, zu zeitaufwändig. Lieber schaue ich mir dann mal einen guten Film an oder verbringe meine Abende mit etwas anderem, da ich ja ohnehin viel selbst drehe.

 

Ich bin von 3 Jahren von München nach Hamburg gezogen. Du lebst nun schon 9 Jahre in Hamburg. Magst du mal ein wenig erzählen, wie es dich in den Norden gezogen hat?

Vor 10 Jahren hatte ich noch eine Wohnung in Berlin, war aber häufig bei meiner Freundin, jetzigen Frau in Hamburg. Aus Berlin wollte ich ohnehin wegziehen und wäre dann nach München gegangen, aber dann habe ich meine Frau kennengelernt und bin 2008 nach Hamburg gezogen. Besser gesagt: Ich bin nach Ottensen gezogen.

Seit 9 Jahren werde ich nun gefragt: „Wie ist es denn als Süddeutscher in Hamburg?“ Wirst du das auch oft gefragt?

 

Ja, die Frage höre ich auch sehr oft! Drum etwas anders gefragt: Was fehlt dir denn in Hamburg am meisten, wenn du an Bayern denkst?

Guter Fußball! (lacht)

 

An welcher Ecke ist Hamburg deiner Meinung nach am bayerischsten? Bzw. wo in Hamburg würde der Eberhofer Franz sein Heimweh stillen?

Wenn ich in München bin, setze ich mich wahnsinnig gerne an die Isar und trink da ein Weißbier. Und in Hamburg setze ich mich sehr gern an die Elbe und trink ein Weißbier. Das ist natürlich nicht besonders bayerisch und die Isar und die Elbe sind total unterschiedliche Flüsse, aber ich glaube an der Elbe würde sich auch der Eberhofer wohlfühlen. So unter der Woche an der Strandperle, wenn nicht so viel los ist.

 

Welche sind deine Lieblingsplätzchen in Hamburg?

Auch die Elbe und der Hafen. Ich glaube der wahre Grund des Hafens ist, dass es an der Elbe was zu Schauen gibt. Weil sie hier keine großen Berge haben, kommen dafür die riesigen Containerschiffe ins Spiel. Eine ganz geschickte Lösung find ich. (lacht)

Ich mag die Buden, die es an der Elbe so gibt, die Elbkate oder auch die Kajüte in Blankenese. Als ich mit meiner Frau zusammengekommen bin, haben wir dort immer Matjes gegessen und auf den Fluss geschaut. Da habe ich mich sehr schnell in diese Ecken verliebt. An der Alster finde ich es auch schön, aber dort ist es eben städtischer, englischer. Richtig spannend ist es für mich an der Elbe.

 

Elbstrand in Blankenese, Hamburg © Andrea David

 

Kannst du in Hamburg ungestörter durch die Stadt gehen als in München?

Ich bin ja jetzt nicht wahnsinnig berühmt, aber in Bayern merkt man schon den Eberhofer-Effekt. Da werde ich viel öfter angesprochen oder auch mal angekumpelt. Da sitzt man auch mal abends in der Kneipe und auf einmal steht einer mit einem Bier neben dir und sagt „Des für dich, Eberhofer!“. In Norddeutschland ist das viel dezenter, weil der Eberhofer nicht ganz so populär ist, aber auch weil die Hanseaten ohnehin zurückhaltender sind.

 

Versteht man denn auch außerhalb Bayerns den Eberhofer-Humor?

Ja, und das liegt glaube ich daran, dass wir in erster Linie nicht Bayern zeigen, sondern ganz einfach Provinz. Da gibt es diesen Mikrokosmos in diesem Kaff, wo nichts weiter ist. Das kennt man auch in Baden-Württemberg, in Sachsen, usw. Die Leute lachen über diese Figuren, die Clique, die sich eben auch mangels Alternativen so zusammensetzt, die Familie, die man sich halt nicht aussuchen kann. Das kennt fast jeder.

Vor ein paar Wochen lief „Dampfnudelblues“ direkt im Anschluss an Tatort im TV, die vierte oder fünfte Ausstrahlung im Fernsehen und hatte immer noch 3 Mio. Zuschauer. Das ist schon unglaublich. Auch die Romane sind deutschlandweit ein Erfolg.

 

Im fünften Teil „Sauerkrautkoma“, der dieses Jahr noch verfilmt werden soll, wird der Franz nach München versetzt. Freust du dich auf die Abwechslung bei den Drehorten?

Es wird sich gar nicht so viel ändern, weil wir auch wieder viel in und um München drehen werden. Vielleicht wird es ein bisschen weniger Fahrerei. Grundsätzlich ist es aber angenehmer auf dem Land zu arbeiten, wo es nicht so eng und laut ist.

Vielen Dank für deine Zeit, Sebastian, und viel Spaß bei der anstehenden Kinotour!

 

Das Interview mit Sebastian Bezzel habe ich im Juli 2017 geführt.

 

 

 

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