Altes Magazin, Kaserne Krampnitz, Potsdam
Altes Magazin, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

Die verlassene Kaserne Krampnitz im Film

Ein Hollywood-Star ganz ohne Glamour. Die Kaserne Krampnitz, ein Militärgelände am nördlichen Stadtrand von Potsdam, steht seit über 25 Jahren leer. Die maroden Fassaden, verfaulten Dächer und eingestürzten Gebäude auf dem rund 20 Hektar großen Gelände, lassen dieses wie einen apokalyptischen Kriegsschauplatz wirken. Doch genau diese Eigenschaft, neben der Architektur der 30er Jahre und der Möglichkeit der freien, künstlerischen Gestaltung, war bereits für viele Filmschaffende ein guter Grund, ihre Produktionen nach Deutschland zu verlegen.

Zahlreiche Filme wurden in den letzten Jahren hier gedreht und lockten unter anderem Quentin Tarantino, George Clooney, Tom Cruise und auch Jackie Chan in die Kaserne. Grund genug, dieses filmtouristische Dorado genauer zu erkunden.

Der historische Hintergrund: In den 1930er Jahren ließ die deutsche Wehrmacht im dörflichen Stadtteil Krampnitz ein Kasernengelände errichten, um dieses als Panzer- und Reitschule zu nutzen. 1945 war der Krieg verloren und die russischen Truppen nutzten die Kaserne als Mannschaftsunterkunft. Als 1989 die Mauer fiel und der Kalte Krieg ein Ende fand, verließen die Russen das Gelände. Da es weder Investoren noch staatliche Gelder für die Sanierung gab, ist das Areal seit 1992 verlassen.

 

Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Enemy at the Gates” Drehort, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Die erste große Filmproduktion entstand im Jahr 2000, mit dem Kriegsdrama „Duell - Enemy at the Gates”. Der bis heute teuerste europäische Film brachte Hollywood-Größen wie Jud Law, Ron Pearlman und Joseph Fiennes in die Krampnitzer Kaserne, welche im Film das russische Stalingrad darstellt. Zwischen die bereits vorhandenen Gebäude ergänzte der Kulissenbau Häuserfassaden von Kaufhäusern und Kirchen, sowie einen Marktplatz. Etwa die Hälfte der Produktion entstand in der Kaserne.

Spuren des Filmes kann man sogar heute noch entdecken: So gibt es in den Offiziershäusern diverse russische Wandmalereien, welche für den Film angebracht wurden. Auch die blutrote Außenfassade des Pförtnerhauses ist kein Zufall, diese wurde auf Wunsch von Regisseur Jean-Jacques Annaud aufgetragen und hält bis heute.

 

„Enemy at the Gates” Drehort, Pförtnerhaus, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Enemy at the Gates” Drehort, Pförtnerhaus, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Enemy at the Gates” Drehort, Pförtnerhaus, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Bereits 2001 kehrte Hollywood zurück. Für den Zombie-Terror-Film „Resident Evil” suchte Bernd Eichinger eine prunkvolle Villa für die Eröffnungs-Sequenz. Fündig wurde er im ehemaligen Offizierscasino der Kaserne. Lange Flure mit edlem Parkett, die dunkle Holzverkleidung der Wände, prachtvolle Säle mit Deckenmosaiken und Stuck. Das leerstehende Gebäude wurde wohnlich eingerichtet und die betreffende Sequenz in wenigen Tagen abgedreht.

 

„Resident Evil” Drehort, Raum der Pokale, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Resident Evil” Drehort, Raum der Pokale, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

2003 entschied sich Frank Coraci seinen Film „In 80 Tagen um die Welt” aus Kostengründen nicht in England zu drehen. Berlin bot ihm eine immense Vielfalt an Motiven. Der Gendarmenmarkt wurde zu einer Straße in London, der Witzlebenplatz zum Anwesen von Phileas Fogg (Steve Coogan) und die Innenräume des Krampnitzer Offizierscasinos zur Akademie der Wissenschaft, in der Mr. Fogg und sein Diener Passepartout (Jackie Chan) die Wette um eine Reise um die Erde in 80 Tagen annehmen! Man stattete hierfür den großen Saal mit Säulen, Statuen und Bücherregalen aus. Der Raum der Pokale, ein Hinterzimmer im Offizierscasino, diente als Büro von Lord Kelvin (Jim Broadbent).

Im Spätherbst 2005 witterte das Studio Babelsberg den nächsten großen Auftrag. J. J. Abrams und Tom Cruise wollten Szenen des dritten Teils der „Mission: Impossible”-Reihe in Berlin drehen. Dabei besichtigten sie auch die Krampnitzer Kaserne und entschieden sich, das Plattenbauviertel des Areals für Szenen zu nutzen, die laut Drehbuch in St. Petersburg spielen. Geplante waren eine Verfolgungsjagd, eine Schießerei und am Ende die Sprengung eines kompletten Neubaublocks. Die Vorbereitungen dafür liefen, das Land Brandenburg genehmigte die Sprengung, die Mitarbeiter des Art Department Babelsberg entkernten einen kompletten Block. Leider wurde aber der Filmverlauf noch kurzfristig geändert und die Szenen nie gedreht.

 

Heizhaus, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Mein Führer” Drehort, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Den nächsten Auftritt hatte die Kaserne schließlich 2006 in Dani Levys Parodie „Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler”. Das Budget des X-Films war dermaßen gering, dass man eine Kulisse der Reichskanzlei und Fassaden vom zertrümmerten Berlin nie und nimmer hätte finanzieren können. In Krampnitz waren alle Schauplätze bereits vorhanden. Man lieh sich von den Bavaria Studios in München ein paar alte Möbel und errichtete im Offizierscasino ein Duplikat der Reichskanzlei. Weil die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Sachsenhausen X-Film die Drehgenehmigung verweigerte, um die Würde des Hauses zu wahren, wurden die betreffenden KZ-Szenen vor der alten Wäscherei gedreht. Die groteske Komödie erzählt die Geschichte vom gealterten Adolf Hitler (Helge Schneider), welcher im jüdischen Schauspieler Professor Adolf Grünbaum (Ulrich Mühe) seinen Mentor findet.

 

„Mein Führer” Drehort, Pförtnerhaus, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Mein Führer” Drehort, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Mein Führer” Drehort, Wäscherei, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Tom Cruise betrat die Kaserne im Februar 2008 erneut. Bei seiner Recherche zu „Operation Walküre” wollte er den Ort besuchen, an dem Oberst Stauffenberg als junger Soldat ausgebildet wurde. Ende des Jahres kehrte er mit dem Filmteam für eine Szene zurück. Das Offizierscasino wurde zu einem Berliner Lokal der 30er Jahre, in dem General Fellgiebel (Eddie Izzard) eine Unterredung mit Oberst Stauffenberg hat. Als weiterer Drehort des Filmes wurden die nahegelegenen Heilstätten in Beelitz genutzt.

 

„Operation Walküre” Drehort, Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Der nächste X-Film, der es nach Krampnitz schaffte, war die Romanverfilmung „Effi Briest”, im Januar 2009. Hierfür wurde das eigentlich prunkvolle Casino zum Dachboden eines Strandhauses umdekoriert. Im Dezember desselben Jahres wurde das Offizierscasino ein weiteres Mal für hochkarätigen Hollywood-Besuch geputzt. Quentin Tarantino und seine „Inglourious Basterds” kamen nach Krampnitz. Das Casino diente darin als Landhaus bzw. als Büro von Winston Churchill (Rod Taylor), welcher dort von Lt. Archi Hicox (Michael Fassbender) besucht wird.

 

Galerie im Offizierscasino, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Danach wurde es ruhig um die Kaserne und der Verfall schritt fort. Mit viel Vorfreude erwartete man 2013 die Dreharbeiten von „The Monuments Men”, doch George Clooney samt Statisten hielten sich gerade mal 2 Tage auf dem Gelände auf. Gedreht wurde eine Szene im Bergviertel, welches bei den Dreharbeiten mit Schnee bedeckt war. In der finalen Fassung des Filmes ist zwar die Szene, aber nicht die Kaserne selbst zu sehen.

 

„Monuments Men” Drehort, Bergviertel, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Zwischen den großen internationalen Filmen entstanden selbstverständlich auch diverse kleinere deutsche Produktionen in Krampnitz. Darunter zum Beispiel der Film „Free Rainer” mit Moritz Bleibtreu, das ZDF-Dokudrama „Zwei Tage Hoffnung” mit Sebastian Koch und das Musikvideo zu „Labyrinth” der Band Oomph!

Die bisher letzten Filmarbeiten fanden 2014 statt. Regisseure Francis Lawrence kam für den letzten Teil der „Tribute von Panem”-Saga nach Europa. Neben einer Location in Paris, wurde auch Berlin als Drehort genutzt. Während der ehemalige Tempelhofer Flughafen als „District 2” und die U-Bahn-Station „Messe Süd” als Untergrund Verwendung fanden, wurde das Plattenbauviertel in Krampnitz als „Capitol” genutzt. Im Film entgehen Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) und ihr Gefolge hier nur knapp einem Flammenwerferanschlag und verstecken sich danach in einem leerstehenden Café. Dieses ist in Wahrheit das ehemalige Magazin der russischen Armee. Update: Das Gebäude wurde im Februar 2019 abgerissen.

 

„Die Tribute von Panem” Drehort, Plattenbauviertel, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer
„Die Tribute von Panem” Drehort, Altes Magazin, Kaserne Krampnitz, Potsdam © Matze Gebauer

 

Im Herbst 2016 besichtigte das Studio Babelsberg die Kaserne erneut, weil man nach Drehorten für die Serie „Babylon Berlin” suchte. Aufgrund des vorgeschrittenen Vandalismus auf dem Gelände und in den Gebäuden, kam ein Dreh nicht zustande.

Momentan wird die Restaurierung & Neubebauung der gesamten Anlage geplant. In spätestens 10 Jahren sollen die denkmalgeschützten Gebäude saniert sein und mehrere Tausend Menschen im neuen Potsdamer Stadtteil Krampnitz leben.

 

Wichtiger Hinweis: Voraussichtlich ab Herbst 2018 wird es Führungen über das Gelände geben. Die Kasernen-Anlage ist komplett umzäunt und darf nicht betreten werden! Es gibt diverse Gefahrenquellen, wie z.B. tiefe, nicht abgedeckte Schächte und Munitionsreste. Zusätzlich wird das Areal ganztägig von einem Wachschutz kontrolliert. Wir raten daher von einer Erkundung auf eigene Faust strengstens ab.

 

In Krampnitz gedrehte Filme:
Duell - Enemy at the Gates
Resident Evil
In 80 Tagen um die Welt
Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler
Operation Walküre
Inglourious Basterds
The Monuments Men
Free Rainer
Die Tribute von Panem

 

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