Wo zeigte Robin Williams als Popeye seine Muckis? Wo erreichte Brad Pitt als Achilles das trojanische Land? Und wo heiratete Emilia Clarke als Daenerys Targaryen den Dothraki-Fürsten? Überraschenderweise lautet die Antwort auf alle Fragen gleich: Malta.
Die kleine Inselgruppe im Herzen des Mittelmeers, die vor allem für ihr Weltkulturerbe bekannt ist, schlüpfte beispielsweise schon in die Rollen von Griechenland, Israel, Peru, Irak, Südfrankreich, Italien, aber eben auch Sweethaven, Troja sowie Westeros und Essos in der Serie „Game of Thrones“. Gäbe es einen Oscar für den „Best Actor in a Location Role“, Malta gehörte wohl zu den Dauernominierten.
Um bei der Vielzahl an Produktionen, die die letzten 90 Jahre in Malta entstanden, noch einen Durchblick zu haben, braucht es Experten. Glücklicherweise habe ich bei meiner Drehorttour durch Malta einen an meiner Seite: Jean-Pierre Borg beschäftigt sich bereits seit gut 20 Jahren mit den in Malta gedrehten Filmen sowie den jeweiligen Schauplätzen. Er ist sozusagen ein wandelndes Malta-Filmlexikon und hat 2015 die Malta-Ausgabe der „World Film Locations“-Reihe herausgegeben.
Es wundert mich überhaupt nicht, dass Jean-Pierre mittlerweile nicht mehr als Software Engineer sondern bei der Malta Film Commission arbeitet und damit beschäftigt ist, weitere Filmteams nach Malta zu holen.
Wir starten unsere filmische Tour in der Hauptstadt Valletta. Der Großmeisterpalast, von den Maltesern nur il-Palazz genannt, diente im Laufe der Geschichte den unterschiedlichsten Machthabern als Amtssitz. Im Film „Monte Christo“ aus dem Jahr 2002 bekommt hier jedoch der Graf von Monte Christo (James Caviezel) Besuch von seinem Sohn Albert. Sowohl das Eingangstor als auch die von Ritterrüstungen gesäumten Flure sind im Film zu sehen.
In der schmalen Eagle Street versucht Arya Stark (Maisie Williams) in „Game of Thrones“ erfolglos ihre gefangenen Tauben gegen etwas Brot einzutauschen. Gleich um die Ecke, in der parallel verlaufenden St Dominic Street flüchtet übrigens der bekennende Malta-Fan Brad Pitt als UN-Mitarbeiter Gerry Lane vor einer Meute Zombies im Actionfilm „World War Z“. Königsmund liegt in Valletta also gleich neben Jerusalem… verrückte Filmgeografie!
Der Republic Square mit der Statue von Queen Victoria diente im Film „München“ von Steven Spielberg als Kulisse für das Rom der 70er. Auf dem Platz treffen sich Andreas (Moritz Bleibtreu), Avner (Eric Bana) und Tony (Yvon Attal) in einem Café. Von hier sind es nur zwei Minuten zu Fuß zum „The Pub“ in der Archbishop Street, wo ich mir ein Bierchen gönne.
Die Bar erlangte 1999 traurige Berühmtheit, als Schauspieler Oliver Reed, der gerade für die Dreharbeiten zu „Gladiator“ auf Malta war, hier nach deutlich mehr als einem Bierchen zusammenbrach. Bis heute ist der Pub eine Pilgerstätte für alle Reed-Fans, vor allem aus Großbritannien und den USA.
Die wohl am häufigsten als Drehort genutzte Straße Vallettas ist die Triq Lvant, die East Street hinter dem Victoria Gate. Sie verwandelte sich in den letzten Jahrzehnten in verschiedenste arabische Städte, z.B. Aleppo im Film „The Cut“ von Fatih Akin. In der Nähe befindet sich die St. John’s Co-Kathedrale. Diese ist zwar kein Drehort, aber wer die Stadt verlässt, ohne hier einen Blick hinein geworfen zu haben, begeht meiner Meinung nach einen großen Fehler.
Der schmuckvolle Innenraum ist die letzte Ruhestätte der Ordensritter und Großmeister. Besonders sehenswert ist das Gemälde „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ (1608) von Caravaggio. Das Leben des italienischen Malers wurde übrigens mehrmals verfilmt. Der britische Film „Caravaggio“ von 1986 war der erste mit Schauspieler Sean Bean, der später noch mehrmals zum Dreh nach Malta kommen sollte.
In Mdina, der ehemaligen Hauptstadt Maltas, habe ich mich sofort verliebt: jahrhundertealte Häuser, schmale Gässchen, hübsche Plätze. Wie ich erfahre, war auch Brad Pitt bei seinem ersten Mdina-Besuch sehr angetan, als er 2003 – damals noch mit Ehefrau Jennifer Aniston – für die Dreharbeiten zu „Troja“ (in denen auch Sean Bean und Eric Bana mitspielten) nach Malta kam.
Die Stadt ist zum Beispiel in „Die Piratenbraut“ (Cutthroat Island) mit Geena Davis zu sehen und für den Film „Monte Christo“ wurde vor der St. Paul’s Kathedrale die Karnevalsszene in Rom gedreht. Für „Game of Thrones“ verwandelte sich das Mdina Gate, durch das Catelyn Stark mit Ser Rodrik ritt, und der Pjazza Mesquita, mit der Tür zu Kleinfingers Bordell, in Schauplätze von Königsmund.
Weitere maltesische Drehorte der ersten Staffel von „Game of Thrones“ befinden sich im San Anton Palace & Gardens, im Hof der Dominikanerkirche in Rabat sowie am Verdala Palace, der Sommerresidenz des Präsidenten. An den Stufen des Palastes, der leider nicht öffentlich zugänglich ist, wurde beispielsweise die Szene gedreht, in der Daenerys zum ersten Mal auf Khal Drogo (Jason Momoa) trifft.
Als Kulisse für die Große Septe von Baelor, vor der König Joffrey über das Leben von Ned Stark richtet, diente der riesige Platz im Fort Manoel, das derzeit sehr häufig von Filmteams aufgesucht wird. Die ungenutzten Kasernengebäude des Fort St. Elmo verwandelten sich für den Film „Midnight Express“ in ein türkisches Gefängnis.
Die meisten künstlich erschaffenen Filmsets werden ja leider schon kurz nach dem Dreh wieder abgerissen. Eine seltene Ausnahme bilden die Häuser des Popeye Village, welche schon vor 35 Jahren als Kulissen für den Film „Popeye – Der Seemann mit dem harten Schlag“ mit Robin Williams in der Hauptrolle dienten.
Noch immer kann man in der Anchor Bay zwischen den neufundländischen Holzhäusern spazieren, Popeye-Souvenirs kaufen und eine kleine Bootstour aufs Meer hinaus machen. Wer den Film vorher nicht gesehen hat, kann dies einfach vor Ort nachholen. Das Popeye Village, auch bekannt als Sweethaven, gehört zu Maltas bekanntesten Sehenswürdigkeiten.
Weiter geht es mit der Fähre zur Schwesterninsel Gozo, die etwas ruhiger und ländlicher wirkt als Malta. Ende 2014 flitterten Angelina Jolie Pitt und Brad Pitt nach ihrer Hochzeit in Frankreich auf Gozo und drehten gemeinsam das Ehedrama „By the Sea“. Für den 70er-Jahre-Ort in Südfrankreich diente die kleine Bucht Mgarr ix-Xini als Drehort.
Dorthin führt wie im Film nur eine schmale Holperstraße. Sandra, die Besitzerin des dortigen Kiosks, erzählt, dass sie während der Dreharbeiten für drei Monate geschlossen hatten. Dafür wurden sie aber gut entschädigt. Heute erinnern hier nur noch das gerahmte Autogramm von Angelina und ein Filmregal an die Produktion.
Da die Sonne schon bald untergeht, eilen wir weiter zum Felsentor Azure Window, an dem die dothrakische Hochzeit in „Game of Thrones“ zelebriert wurde. Der zerklüftete Boden war für das Filmteam sicher eine große Herausforderung. Jedenfalls verfolgte Daenerys hier die fragwürdigen Festauftritte, nahm die sich als kostbar erweisenden Dracheneier als Geschenk entgegen und ritt später mit Khal Drogo auf einem weißen Pferd in den Sonnenuntergang.
Update: Das Millionen Jahre alte Felsentor – sowohl die Brücke als auch die tragende Säule – ist am 8. März 2017 aufgrund heftiger Stürme eingestürzt und vollständig im Meer versunken!
Zwischen Malta und Gozo liegt die kleine Insel Comino. Leider sehe ich sie bei meinem Besuch nur im Vorbeifahren von der Fähre aus. Doch die blaue Lagune soll wunderschön sein. In „Troja“ begegnet Achilles dort seiner Mutter Thetis und sogar Madonna stieg schon ins türkisfarbene Wasser, nämlich bei den Dreharbeiten zu Guy Ritchies Film „Swept Away“. Auf der Insel, auf der laut Jean-Pierre nur drei Leute wohnen, kann ich von Weitem nur ein Gebäude erkennen, den St. Mary’s Tower. Dieser kam in „Monte Christo“ als Château d’If zu Filmehren.
Nur ein Katzensprung von den Mediterranean Film Studios in Kalkara entfernt, befindet sich das riesige Fort Ricasoli. Die Festung wurde über Jahrhunderte militärisch genutzt. In der Vergangenheit wurden hier die gigantischen Kulissenbauten für Monumentalfilme wie „Troja“ und „Gladiator“ errichtet und auch heute noch wird der Ort von der Malta Film Commission verwaltet. 2015 drehte man hier zum Beispiel einige Szenen für „Assassin’s Creed“ mit Michael Fassbender. Auf dem Bild sind daher noch einige Kulissenteile der spanischen Alhambra zu sehen.
Fazit: Ich bin mehr als begeistert von Maltas historischen und filmischen Schätzen. Schade ist jedoch, dass Malta mit seiner 7.000 Jahre alten, faszinierenden Geschichte in den mehr als hundert hier entstandenen Produktionen relativ selten als Malta selbst zu sehen ist.
Bleibt zu hoffen, dass bald auch einmal ein Film mit maltesischer Story zum Blockbuster wird. Und wenn darin dann ein Brad Pitt oder Sean Bean zu sehen ist, wundert mich das gar nicht.
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Buchtipp: World Film Locations – Malta
Offenlegung: Diese Recherchereise wurde von Visit Malta und der Malta Film Commission unterstützt.