Sonnenaufgang am Myvatn, Island © Andrea David

Island - Surreale Filmkulisse

Die Erde vor der Sintflut? Ein unwirtlicher Eisplanet? Eine menschenleere, postapokalyptische Welt? Die Wahl beim Drehort-Casting dürfte bei diesen Rollenbeschreibungen, die übrigens den Filmen „Noah”, „Interstellar” und „Oblivion” entstammen, recht schnell und eindeutig ausgefallen sein. Denn mal im Ernst: Welche Location außer Island soll dafür bitte in Frage kommen? Es ist das jüngste Land der Erde und die Kräfte, die auf und unter ihm wirken, ändern immer noch sein Aussehen, das vielerorts einfach einzigartig ist. Auf einer winterlichen Tour zu seinen Filmschauplätzen, hat mich Island im positiven Sinne umgehauen, aber auch ab und zu deutlich gemacht:
Bis hierher und nicht weiter!

Im Norden von Island © Andrea David

Meine Reise startet im Norden von Island, denn hier entstanden viele Szenen für den eisigen Teil von Westeros in „Game of Thrones”. Doch bevor es in die Fußstapfen von Jon Snow, Ygritte und den Wildlingen geht, mache ich vom Flughafen Akureyri aus noch einen Abstecher in die etwa eine Stunde entfernte, nördlichste Stadt Islands. Siglufjörður ist derzeit in der Serie „Trapped - Gefangen in Island” als krimineller Schauplatz zu sehen. In Wahrheit entdecke ich hier einen zwar etwas abgeschiedenen, aber durch und durch friedlichen Fischerort zwischen Bergen und Fjord. 2010 hat sich das Leben der Menschen, die hier wohnen, stark verändert und vereinfacht. Durch einen Tunnel ist die Stadt nun auch im Winter zugänglich und nicht mehr auf sich allein gestellt. Weitere Infos zu Siglufjörður & „Trapped”

Drehort von „Trapped - Gefangen in Island”, Siglufjörður, Island © Andrea David
Sigló Hotel, Siglufjörður, Island © Andrea David

Mit einem Zwischenstopp am tosenden Goðafoss, dem Wasserfall der Götter, geht es nun jedoch Richtung See Myvatn, an dessen östlicher Seite für jene Game-of-Thrones-Szenen gedreht wurde, die „jenseits der Mauer” spielen. Da wo die „Weißen Wanderer” lauern… Das Lager der Wildlinge in der dritten Staffel schlug die Filmcrew bei Höfði auf. Vom Parkplatz aus kann man in einer Viertelstunde zu der Stelle wandern, die man leicht an den aus dem See ragenden Lavatürmen wiedererkennt. Und auch zwischen den bizarr geformten Lavafelsen in Dimmuborgir, übersetzt die dunklen Burgen, schlug das Freie Volk um Mance Rayder seine Zelte auf. Zwar findet man hier keinen Eisernen Thron, kann jedoch alternativ auf dem steinernen „Stuhl des Weihnachtsmanns” Platz nehmen.

Drehort „Game of Thrones”, Myvatn, Island © Andrea David / HBO
Myvatn, Island © Andrea David
Höfði, Myvatn, Island © Andrea David

Nur weitere zehn Autominuten entfernt werfe ich einen Blick in die Grotte Grjótagjá, in der Ygritte den ahnungslosen Jon verführt („You know nothing!”) und zu einem gemeinsamen Bad überredet. Da für die Szene jedoch zusätzlich auch im Studio gedreht wurde und ein paar Visual Effects mit im Spiel waren, erkenne ich sie leider nicht eindeutig wieder. Zum Baden ist das Wasser darin außerdem viel zu heiß. Wer ein entspannendes heißes Bad nehmen möchte, sollte dies also besser in den Myvatn Nature Baths um die Ecke tun, Natürlich habe ich dieses auch getestet. Frisch geduscht durch die eiskalte Luft zu spazieren, kostete mich als Frostköddel etwas Überwindung, die jedoch schnell mit wohliger Wärme unter klarem Himmel belohnt wurde.

Grotte Grjótagjá, Myvatn, Island © Andrea David
Landschaft rund um die Myvatn Nature Baths, Island © Andrea David

Ganz in der Nähe, man folge einfach weiter dem Schwefelgestank, befindet sich das Hochtemperaturgebiet Hverarönð, oft auch Námaskarð genannt. Hier brodelt, dampft und zischt es. Die stinkenden Nebelschwaden dienten in der zweiten Staffel von „Game of Thrones” als heftiger Schneesturm, durch den sich die Nachtwache kämpfen musste und Sam es mit den Weißen Wanderern zu tun bekam. Der Eingang zur Grotte, in die Ygritte Noch-Krähe Jon lockt, befindet sich übrigens direkt am See, auf der Halbinsel Kálfaströnd. Man kann dort zwar einen Rundweg entlang wandern, kommt dabei jedoch nicht am genauen Drehort vorbei. Dieser befindet sich etwas weiter entfernt auf einem Privatgelände. (siehe Filmtourismus-Knigge)

Hverarönð, Myvatn, Island © Andrea David

Nachdem mich Island schon am ersten vollen Tag mit seiner rauen Schönheit und Unberechenbarkeit total geflasht hat, gibt es zu später Stunde noch einen drauf: im Sel Hotel am Myvatn See sehe ich bei einem eher zufälligen Blick aus dem Fenster plötzlich grüne Lichter am Vollmondhimmel tanzen. Schnell mache ich das Licht aus. Die berühmten Polarlichter einmal live erleben zu dürfen, über dieser ohnehin schon surreal wirkenden Landschaft, ist pure Magie! Tipp: Wer Angst hat das nächtliche Spektakel zu verpassen, kann sich im Hotel übrigens für den „Northern Lights” Weckruf in eine Liste eintragen und erst einmal entspannt schlafen legen.

Polarlichter am Myvatn, Island © Andrea David
Sonnenaufgang am Myvatn, Island © Andrea David

Was mir am nächsten Morgen besonders gut gefällt: Ich kann ausschlafen, frühstücken und mir dann taufrisch den wunderschönen Sonnenaufgang über dem zugefrorenen Myvatn ansehen. Etwas später begleitet mich Hotelbesitzerin Ásdís Jóhannesdóttir zu genau der Stelle am See, an der Anfang 2016 wochenlang für den Film „Fast & Furious 8″ eine wilde Verfolgungsjagd auf dem Eis gedreht wurde. Sie erzählt mir von 130 Filmautos am Set in Skútustaðir, einer 50 cm dicken Eisdecke und vielen Explosionen, weshalb sie die Pferde oft im Stall ließen. Es fällt schwer sich den ganzen Radau und aufheulende Motoren in der jetzigen Stille vorzustellen.

Drehort „Fast & Furious 8”, Myvatn, Island © Andrea David
Drehort „Fast & Furious 8”, Myvatn, Island © Andrea David / Universal Pictures Germany

In „Fast & Furious 8″ wird Island dann ab 13. April 2017 als Barentsee im Kino zu sehen sein. Ein leichtes, denn das Land schlüpfte auch schon problemlos in die Rolle Norwegens (z.B. als Spitzbergen in der Serie „Fortitude”), Russlands („Im Angesicht des Todes”), Sibiriens („Lara Croft: Tomb Raider”), Grönlands und Afghanistans („Das erstaunliche Leben des Walter Mitty”). Und Island kann natürlich auch Science-Fiction! So diente als Kulisse für die Starkiller Base der First Order, die in „Star Wars 7: Das Erwachen der Macht” die dunkle Seite der Macht verkörpert, die Gegend östlich des Krafla Vulkans, etwas oberhalb des Myvatn.

Auf dem Krafla Vulkan, Island © Andrea David
Drehort „Star Wars 7”, Krafla Vulkan, Island © Andrea David

Weiter Richtung Osten stehen noch zwei weitere Drehorte auf meinem Plan. Drehort Nummer eins: Der Krater, in dem Tom Cruise als Jack Harper im Film „Oblivion” eine der Überwachungsdrohnen repariert und sich begeistert an den Super Bowl 2017 zurückerinnert. Im Film übernahm der Krater die Rolle des ehemaligen Football Stadions im postapokalyptischen New York City. Er ist eigentlich recht einfach zu finden, von der Ringstraße 1 biegt man an der F88 Richtung Süden ab. Doch das nützt mir heute leider nichts, die F88 ist komplett vereist und gesperrt. Ich muss mich mit einem Blick aus der Ferne und dem maximalen Zoom meiner Kamera begnügen. In mir reift der Gedanke, Island noch einmal im Sommer zu besuchen.

Gesperrte Straße nahe Hrossaborgadalur, Island © Andrea David
Drehort „Oblivion”, Krater nahe Hrossaborgadalur, Island © Andrea David

Also auf zu Drehort Nummer zwei, dem Wasserfall aus der Anfangsszene des Films „Prometheus - Dunkle Zeichen”. Der Dettifoss Wasserfall kann normalerweise in ein paar Minuten vom Parkplatz an der Straße 864 erreicht werden. Doch auch hier zwingen mich Eis und Schnee zu einer Planänderung. So fahre ich die F862 auf der gegenüberliegenden Seite hoch und stapfe über eine halbe Stunde (im Sommer schafft man es sicher in der Hälfte der Zeit) zur Aussichtsplattform. Dies ist zwar nicht die Seite, von der im Film der außerirdische Hüne ins Wasser stürzt, aber selbiges habe ich ja auch nicht vor. Der Blick auf den gewaltigen Wasserfall, die untergehende Sonne und der kurz darauf aufgehende Mond entschädigen für alle Umwege und Strapazen. Der dahinterliegende Selfoss Wasserfall lohnt einen weiteren Fußmarsch entlang des Jökulsá á Fjöllum.

Drehort „Prometheus”, Dettifoss Wasserfall, Island © Andrea David / Twentieth Century Fox
Mondaufgang nahe Dettifoss, Island © Andrea David

Am Tag darauf steht der Rückflug von Akureyri nach Reykjavik an, da ich noch weitere Drehorte auf der Halbinsel Reykjanes erkunden möchte. Aufgrund des starken Sturms kann der Flieger jedoch erst mit 3-stündiger Verspätung starten. Als ich Gunnar, meinem Guide für Reykjanes, die Info durchgebe, kommt als Antwort: „This is Iceland at it’s best.” Und Recht hat er! Island verpasst mir einen weiteren Crashkurs in Geduld. Ein zweites Frühstück aus Lachsbrot & Kaffee und der Blick auf den Sonnenaufgang über der Startbahn nehmen mir die Unruhe. In Akureyri leuchten die roten Ampeln übrigens in Herzform. Da wartet man doch gleich viel lieber.

Flughafen Akureyri, Island © Andrea David
Wartezeit mit Lachsbrot, Flughafen Akureyri, Island © Andrea David
Sonnenaufgang über der Startbahn, Flughafen Akureyri, Island © Andrea David
Flug mit Air Iceland von Akureyri nach Reykjavik, Island © Andrea David

In Reykjavik angekommen geht es mit Gunnar entlang des Bláfjallavegur zu einer kargen Grube aus Lavasand. Jeder andere Tourist würde sich nun wundern, was es bitte hier zu sehen gibt, doch Gunnar - nicht nur Tourguide, sondern auch gefragter Location Scout - und ich wissen: In „Noah” findet hier Hauptdarsteller Russel Crow mit seiner Filmfamilie die kleine Ila, noch lange vor der Sintflut. Die Bilder des Waldes, der später im Film zu sehen ist, stammen allerdings aus dem New York State und wurden per CGI hinzugefügt. Denn was man wirklich selten sieht in Island, sind Bäume.

Drehort „Noah”, Bláfjallavegur, Reykjanes, Island © Andrea David / Paramount Pictures

Bei der Weiterfahrt Richtung Kleifarvatn, dem größten See von Reykjanes, ändert sich die Landschaft quasi alle fünf Minuten. Am See angekommen stoppen wir am Aussichtspunkt am Indjánahöfði, wo ebenfalls für „Noah” gedreht wurde. Mit dem Van geht es steil von der Straße hinunter zum Lavastrand mit dem markanten Felsen „The Indian Head”. Skurrilerweise soll der Fels, der mit seiner Silhouette an ein Indianerhaupt erinnert, seinen Namen schon bald 600 Jahre tragen. Hat vielleicht ein Isländer Amerika schon vor Kolumbus entdeckt? Die Höhle, die sich gegenüber dem Felsen befindet, bekam übrigens eine wichtige Rolle in Staffel 5 der Serie „Vikings”. Ach ja und „Kleifarvatn” ist auch der Originaltitel von Arnaldur Indriðasons Kriminalroman „Kältezone”.

Aussichtspunkt am Kleifarvatn, Reykjanes, Island © Andrea David
The Indian Head, Kleifarvatn, Reykjanes, Island © Andrea David
Drehort „Vikings”, Kleifarvatn, Reykjanes, Island © Andrea David

Nach einem kurzen Stopp am Hafen von Grindavík, welcher als Tatort im Film „Island-Krimi: Der Tote im Westfjord” zu sehen ist, gönne ich mir erst einmal eine Erholungspause in der Blauen Lagune, welche als beliebtestes Ausflugsziel auf Reykjanes gilt. Drehort war diese natürlich auch schon: in Eli Roths Splatterfilm „Hostel II” als italienische Therme und in Bill Condons biografischem Drama „Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt”. In letzterem beichtet Benedict Cumberbatch als Julian Assange seinem Partner Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl) seine Erkenntnis, dass er für andere nicht immer einfach ist. Meine Erkenntnis heute: Isländer frieren nie!

Isländer frieren nicht! Mit Gunnar in Grindavík, Island © Andrea David
Blaue Lagune, Reykjanes, Island © Andrea David
Drehort „Inside Wikileaks”, Blaue Lagune, Reykjanes, Island © Andrea David / Constantin Film

In der Nähe von Sandvík lassen sich viele Gräben und Risse in der Vulkanlandschaft entdecken. Wer möchte kann sich hier auf die „Brücke zwischen den Kontinenten” stellen. Sie verbindet symbolisch die auseinanderdriftenden Kontinentalplatten von Nordamerika und Europa. Folgt man dem Graben weiter Richtung Meer, wähnt man sich zumindest filmisch wieder in prähistorischem Gefilde, also an einem weiteren „Noah”-Drehort. Okay, ohne Gunnar hätte ich diese Stelle natürlich niemals gefunden. Da er selbst bei der Locationsuche für den Film geholfen hat, ist es für ihn ein Kinderspiel.

Drehort „Noah” zwischen den Kontinenten, Reykjanes, Island © Andrea David / Paramount Pictures

Zum Abschluss meiner Reise umgebe ich mich in Garður, an der Nordspitze von Reykjanes, mit geballtem Filmlocation-Wissen: Zu Drehortexperte Gunnar, stoßen nun auch Siggi, ebenfalls Location Manager, und Schiffsingenieur Moli, der Ben Stiller in „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty” nach der Haiattacke aus dem eiskalten Atlantik zog. Der Drehort dafür befindet sich direkt hier am Hafen. Moli, der auch schon als Wildling in „Game of Thrones” zu sehen war, berichtet, dass man dort einen Zuber mit heißem Wasser aufgestellt hat, damit Herr Stiller sich dort schnell wieder aufwärmen konnte. Moli selbst musste am Drehtag acht Stunden im Rettungsboot verbringen, bei starkem Wellengang. Siggi war am Set für die Sicherheit zuständig und ebenfalls mit im Boot.

Drehort „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty”, Garður, Reykjanes, Island © Andrea David
Treffen in Garður mit Moli, Siggi & Gunnar © Andrea David

„Während einer Produktion kannst du dir sonst nichts vornehmen. Da gilt immer All-in!”, berichtet Moli. Gerade erst wurde die Staffel 7 für „Game of Thrones” in der Nähe von Vík abgedreht, schon im letzten Jahr fiel für „Star Wars 8″ die letzte Klappe. Siggi erklärt mir, dass die Ansage der Produktionsteams häufig lautet: „Make it happen!” und ein „Das geht nicht” kaum akzeptiert wird. Wie gut, dass in Island fast jeder jeden kennt und so tatsächlich fast alles möglich gemacht wird. Das ist es wohl auch, was Island neben der konkurrenzlosen Landschaft so attraktiv als Filmlocation macht.

Surreales Island © Andrea David

Kurz vor meinem Abflug versuche ich meine Eindrücke von Island in ein einziges Wort zu packen. Surreal fällt mir ein, doch ein englisches Wort trifft es eigentlich noch besser: Otherworldly!
Eben nicht von dieser Welt. Ja, das ist es!

 

Bekannte Drehorte in Island:

© Film in Iceland

 

Reiseinfos Island:

 

Was spricht für eine Reise nach Island im Winter?

  1. Für die meisten Filme und Serien wurde auch im Winter in Island gedreht und die Drehorte sind besser erkennbar.
  2. Der See Myvatn, übersetzt Mückensee, ist völlig mückenfrei und zugefroren.
  3. Den Sonnenaufgang kann man sich ausgeschlafen ansehen.
  4. Ein Bad im Hot Pot macht vor allem in der kalten Jahreszeit Spaß.
  5. Bei Minusgraden sind die Dampfschwaden der Geysire noch gewaltiger.
  6. Es sind weniger Touristen unterwegs.
  7. Man hat die Chance die berühmten Polarlichter zu sehen!

Aber: Das Wetter ist noch unberechenbarer als im Sommer, man sollte sich darauf einstellen, das kleinere Straßen gesperrt sind und es auch auf den Wanderwegen Einschränkungen gibt.

 

Anreise:
Von Deutschland aus geht es mit Icelandair, Lufthansa oder Air Berlin zum International Airport Keflavík, etwa 50 km von Reykjavik entfernt. In den Norden von Island geht es mit Air Iceland von Inlandsflughafen Reykjaviks in 45 min nach Akureyri.

Touren:
The Traveling Viking - Touren im Norden
Ab Reykjavik: Film und Musik Film Location Tour
Ab Reykjavik: Golden Circle Tour
Ab Reykjavik: Tagestour zur James Bond Location Jökulsárlón
Island Hop-On-und-Off Full Circle Pass

Hotels:
Sigló Hótel Siglufjörður
Sel Hotel Lake Myvatn
Eldey Airport Hotel Keflavík

Restaurants:
Strikið Akureyri
Röstin Garður

Heiße Quellen:
Myvatn Nature Baths
Blaue Lagune Reykjanes

Offenlegung: Die Recherchereise zu den Island-Drehorten wurde unterstützt vom
Isländischen Tourismusverband „Promote Iceland”.